Der Hannoveraner Finanzvertrieb AWD hat die britische Vertriebsorganisation Chase de Vere für 30 Mio. Euro von der Bank of Ireland gekauft. Das Unternehmen mit Sitz in Bath hat rund 160 Vertreter und ist auf gut verdienende Privatkunden spezialisiert: Im Privatkundengeschäft liegt der Umsatz pro Vertreter bei mehr als 300 000 Euro.
Mit dem Kauf baut AWD seine Präsenz auf der Insel aus: Bereits 2001 hatte der Konzern die Vertriebsfirma Thomson gekauft, 2002 folgte der Immobilienspezialist Carrington Carr, die der Konzern inzwischen zu AWD UK fusioniert hat. Chases Provisionsumsatz lag 2004 bei 50 Mio. Euro. Zum Vergleich: Konzernweit betrug er 686 Mio. Euro, in Großbritannien bislang 90 Mio. Euro. AWD verkauft Versicherungsverträge und Kapitalanlagen für Banken, Fondsgesellschaften und Versicherer. Das Unternehmen lebt von Provisionen und hat keine Versicherungs- oder Banktöchter.
Die Bank of Ireland musste ihren Ausflug in das Geschäft mit unabhängigen Finanzberatern (Independent Financial Advisors – IFA) teuer bezahlen. Die Bank hatte Chase de Vere 2000 für 110 Mio. £ gekauft, das entspricht nach heutigem Kurs 160 Mio. Euro. Der Wertverlust des Unternehmens spiegelt den Abwärtstrend bei den Preisen für IFAs wider. Die Verluste, die Chase de Vere in den letzten Jahren eingefahren hat, trieben den Preis weiter nach unten. Nach britischen Medienberichten musste das Unternehmen 2003 ein Defizit von 13 Mio. £ verbuchen, 2004 waren es nach Angaben von AWD-Chef Carsten Maschmeyer „wenige Millionen“. „Wir können das Unternehmen durch Synergieeffekte sofort ins Verdienen bringen“, sagte er. Die Nettoeffekte würden schon 2005 knapp 4 Mio. Euro betragen. So würden EDV, Marketing und Compliance –die Abteilung, die für Einhaltung der Aufsichtsregeln sorgt – unmittelbar mit AWD UK zusammengelegt.
In Großbritannien erwartet Maschmeyer eine weitere Konsolidierung. „Das hängt auch mit den Kosten für die Compliance zusammen“, sagte er. Die britische Aufsicht kontrolliert nach zahlreichen Skandalen Vertriebe und Vertreter sehr genau. „Dort brauchen wir für 10 Berater einen Compliance-Officer“, sagte er. In Deutschland habe der Konzern nur drei. Kleine IFAs könnten sich den Aufwand kaum noch leisten. „Wir werden die Konsolidierung nutzen“, sagte Maschmeyer.
Quelle: Financial Times Deutschland
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