Die Assekuranz wird künftig weit weniger unter dem rapiden Wechsel von Hoch- und Niedrigpreisphasen, den Versicherungszyklen, leiden. Dafür sorgen die neuen EU-weiten Anforderungen an das Eigenkapital der Gesellschaften, die Solvency-II-Regeln, glaubt Edmund Schwake, Vorstandsmitglied der Finanzgruppe W&W. Zu dem Konzern gehören die Bausparkasse Wüstenrot und die Versicherungsgruppe Württembergische. Schwake ist Vorsitzender des Hauptausschusses für Schaden- und Unfallversicherung und Präsidiumsmitglied im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Die Branche ist bekannt für heftige Preiskämpfe um Märkte wie die Auto- oder Industrieversicherung. Die daraus folgenden schweren Verluste führen dann regelmäßig nach einiger Zeit zu drastischen Preiserhöhungen.
Diese Zeiten dürften der Vergangenheit angehören. „Die neuen Regeln unter Solvency II sorgen dafür, dass die Unternehmen ihre Risiken mit entsprechender Kapitalausstattung bedecken müssen“, sagte Schwake im FTD-Interview. „Starke Schwankungen im Ergebnis wirken sich immer negativ aus. Dafür brauche ich dann mehr Kapital.“ Schon heute wirkten sich die noch nicht eingeführten Regeln auf das Verhalten der Versicherer aus.
Schwake glaubt deshalb nicht, dass es in der Autoversicherung erneut zu einer Situation wie in der zweiten Hälfte der 90er Jahre kommt, in denen die Versicherer einander mit Kampfpreisen Marktanteile abnahmen und Milliardenverluste machten. „Natürlich regt so eine Branche mit 22,5 Mrd. Euro Prämieneinnahmen die Fantasie an“, sagte Schwake. Im Jahr 2004 habe die Assekuranz einen versicherungstechnischen Gewinn – also Beiträge minus Schäden und Kosten, aber ohne Kapitalerträge – von mehr als 1 Mrd. Euro in der Autoversicherung erzielt. „Da gibt es den einen oder anderen, der sich überlegt, ob man am Preis etwas machen kann“, sagte Schwake. Dabei dürfe niemand vergessen, dass die heutigen Gewinne zum größten Teil aus dem stetigen Rückgang der Schadenhäufigkeit in der Autohaftpflicht stammten. „Dazu kommt, dass wir 2004 in Kasko von Großschäden wie Flut oder Hagel verschont blieben.“
Der Spielraum für Preissenkungen in der Kfz-Versicherung sei eher gering. „Wir hatten im vergangenen Jahr rund 0,5 Prozent Beitragssteigerung. Für 2005 könnte es durchaus sein, dass die Beitragseinnahmen zurückgehen.“ Dazu trügen Anpassungen wie die Erhöhung des Schadenfreiheitsrabatts für Autofahrer und die regelmäßig überprüfte Einstufung nach Regionen und Typklassen bei. Beitragserhöhungen dürften angesichts der Marktlage eher die Ausnahme sein. „Ich sehe aber auch keine weitreichenden Preissenkungen im Markt. Wir erleben eine größere Differenzierung.“ So werde der öffentliche Dienst, für den günstigere Tarife gelten, nicht mehr als einheitlicher Block gesehen. „Es ist ein Unterschied, ob ich einen 50-jährigen Gerichtspräsidenten oder einen 20-jährigen Zeitsoldaten versichere.“
Änderungen erwartet Schwake auch in der Gebäudeversicherung. „Wegen der Sturmrisiken haben die Unternehmen hier stark schwankende Ergebnisse, und damit künftig mehr Kapitalbedarf“, sagte er. Viele Versicherer deckten Risiken ab, die zu den heutigen Preisen kaum mitversicherbar seien.
Das Hauptrisiko sei der Sturm. „Da empfiehlt es sich, erneut über das Thema Selbstbehalt nachzudenken“, sagte er. Nur wenn die Kunden bereit seien, im Schadenfall einen Teil selbst zu tragen, bleibe die Deckung bezahlbar. „Wenn Versicherer jeden Sturmschaden von 80 Euro zahlen müssen, sind schon die Kosten der Schadenbearbeitung immens.“Euro
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo