Die Versicherungsgruppe DBV-Winterthur hat ein drastisches Kostensenkungsprogramm, die Einführung einer zweiten billigeren Produktlinie und die Konzentration auf Kunden im öffentlichen Sektor angekündigt. Innerhalb von drei Jahren sollen 550 der 3718 Vollzeitstellen – die sich 4300 Mitarbeiter teilen – wegfallen, erklärte Vorstandschef Frank Keuper.
„Wir wollen jährlich 60 Mio. Euro an Personal- und Sachkosten einsparen“, sagte Keuper im FTD-Interview. Nur so könne das Unternehmen den Kostennachteil gegenüber Wettbewerbern überwinden. „In der Schaden- und Unfallversicherung liegen wir bei einer Kostenquote von 29 Prozent der Beiträge, wir müssen auf 24 Prozent kommen“, sagte er. Auch im Hauptgeschäftsfeld Lebensversicherung sei eine deutliche Reduzierung nötig. „Wir wollen wenn möglich auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten“, sagte Keuper. Die Verhandlungen über einen Sozialplan beginnen gerade. „Es geht um eine effizientere Verteilung der Arbeit.“
Der Schritt verstärkt die Unruhe in dem Konzern nach einer Reihe turbulenter Monate. 2004 dauerte es Wochen, bis der damalige Vorstandschef Hartmut Nickel-Waninger seinen Posten auf Drängen der Konzernspitze räumte. Die DBV-Winterthur gehört mehrheitlich zur Schweizer Winterthur-Gruppe und damit zur Großbank Credit Suisse. Sie hat bereits eine Reihe von Restrukturierungsmaßnahmen hinter sich. Der Gesamtkonzern Winterthur wurde von der Credit Suisse zum Verkauf gestellt. Als kein Käufer die geforderten 8,5 Mrd. Schweizer Franken zahlen wollte, kündigte Credit Suisse an, die Versicherungstochter an die Börse bringen zu wollen.
Bis 2007 will Keuper deshalb eine „zweistellige Rendite“ erzielen. Über das Ergebnis 2004 dürfe er lediglich sagen, dass das Unternehmen wieder schwarze Zahlen schreibe. 2003 war ein Verlust von 89 Mio. Euro angefallen.
Die Wachstumsschwäche der letzten Jahre will Keuper mit einer strategischen Rückbesinnung auf die Wurzeln im öffentlichen Dienst überwinden. Auch privatisierte Betriebe wie Landesbanken, Telekom, Entsorger und Versorger gehörten dazu, ebenso Mitarbeiter von Pflegediensten, Mitglieder des Beamtenbundes und der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes.
Ausbauen will Keuper besonders den Vertrieb über Makler. „Wir bieten den Maklern elektronische Leistungs- und Abwicklungspakete sowie Informationen, die sie so woanders nur schwer bekommen.“ Dazu gehören Details zu den Leistungseinschränkungen der öffentlichen Versorgungswerke. So könne ein Makler einem Kunden sofort ausrechnen, welche eventuellen Lücken in der späteren Altersvorsorge entstehen. Zurzeit hat das Unternehmen Verträge mit mehr als 2000 Maklern, aber nur 350 davon sind aktiv. Sie liefern 40 Prozent des Neugeschäfts in der Lebensversicherung, die 1650 Vertreter 60 Prozent. Die Zahl der Makler will Keuper deutlich steigern. Hier sieht er eine Marktlücke, nur die Allianz verkaufe in den Sektor öffentlicher Dienst über Makler. „HUK-Coburg und Debeka haben andere Geschäftsmodelle.“ Außerdem führt die DBV-Winterthur eine neue, billigere Produktlinie ein – ganz nach dem Vorbild der Axa, bei der Keuper früher im Vorstand war.
In der Lebensversicherung, die rund 50 Prozent des Umsatzes der DBV-Winterthur ausmacht, lag der Verkauf in den ersten drei Monaten 2005 unter den ohnehin nicht guten Vorjahreszahlen. Der durch den Wegfall der bisherigen steuerlichen Regeln erzeugte Boom am Jahresende habe Vorzieheffekte bewirkt, sagte Keuper.
Quelle: Financial Times Deutschland
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