Finanzaufsicht fordert Änderung der Kapitalanlagepolitik / Lebensversicherer weisen Kritik als ungerechtfertigt zurück
Die Bundesfinanzaufsicht Bafin sieht bei mindestens zwei deutschen Lebensversicherungsgesellschaften Änderungsbedarf bei der Kapitalanlagestrategie. Die Gothaer und die Axa Leben sind bei den so genannten Stresstests der Bafin durchgefallen.
Köln · 2. Mai · Grund für das negative Ergebnis sind nach Ansicht von Managern beider Unternehmen die restriktiven Vorgaben der Aufsichtsbehörde – und nicht eine zu risikoreiche Kapitalanlagepolitik.
In drei Szenarien, den so genannten Stresstests, spielt die Bafin regelmäßig durch, ob Lebensversicherer auch bei starken negativen Schwankungen auf den Kapitalmärkten in der Lage sind, ihre Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Geprüft wird, ob die Unternehmen gegen genau bezifferte Einbrüche bei den Kursen für festverzinsliche Wertpapiere, Aktien und Renten gewappnet sind. Sind sie das nach ihren Berechnungen nicht, fordert die Bafin von den Versicherern eine andere Kapitalanlagepolitik und eine Stärkung der Eigenmittel.
Die Gothaer Leben habe die Vorgaben der Aufsicht in allen drei Stresstests nicht erfüllt, bestätigt ein Sprecher einen Bericht der Financial Times Deutschland. Verantwortlich dafür sei, dass die Behörde alternative Anlageformen wie Hedgefonds oder Private-Equity-Investments gleich behandle wie Aktien. Das hält das Management der Gothaer für nicht gerechtfertigt.
Die Axa Leben ist bei dem Test durchgefallen, der einen 35-prozentigen Kursverfall bei Aktien simuliert. Nach Angaben eines Sprechers habe die Bafin Hybridkapital nicht berücksichtigt. Wäre das der Fall gewesen, hätte der Versicherer den Test ebenso wie die anderen „komfortabel bestanden“, betont der Firmensprecher.
Stresstests sind nicht nur theoretische Rechenspiele. Negative Ergebnisse können sich direkt auf die Verkaufszahlen der Lebensversicherungsgesellschaften auswirken. Denn beim Vertrieb der Policen über Makler spielen diese Simulations-Rechnungen eine wichtige Rolle. Schließlich sind Makler dem Kundeninteresse verpflichtet, der Stresstest dient ihnen als Beleg, dass die Kundengelder bei einem Unternehmen in sicheren Händen sind. Empfiehlt ein Makler einem Kunden ein Unternehmen, dem die nötige finanzielle Sicherheit fehlt, kann er selbst haftbar gemacht werden. In Folge der Aktienkrise waren in den vergangenen Jahren viele Versicherer an den Stresstests gescheitert, insbesondere Gesellschaften mit hoher Aktienquote oder starkem Engagement in alternativen Finanzanlagen.
Nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft hatten die mehr als 120 Lebensversicherer Ende des vergangenen Jahres einen Kapitalanlagebestand von 626 Milliarden Euro. Mehr Sorgen als der Aktienmarkt macht der Branche zurzeit das niedrige Zinsniveau.
Bafin ~ Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) ist eine staatliche Aufsichtsbehörde über Kreditinstitute, Finanzdienstleister, Versicherungsunternehmen und den Wertpapierhandel. Sie hat den Sitz in Frankfurt und Bonn.
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Quelle: Financial Times Deutschland
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