Bis nach Rio de Janeiro reisten Kölner Tourismusmanager, um mit dem Reiseveranstalter Planeta Brazil einen Pakt auszuhandeln: Er quartiert die brasilianischen Fußballfans, die die Weltmeisterschaft 2006 live erleben wollen, für die gesamte Zeit in der Domstadt ein. Die Kölner wollen erreichen, dass die örtlichen Hotels nicht nur zu den vier Vorrundenspielen und dem Achtelfinalspiel ausgelastet sind, die in Köln stattfinden. Mit dem großen Fußball soll auch das große Geld in die Stadt kommen.
Der Plan scheint aufzugehen: Bisher haben die brasilianischen Fans 30 000 Übernachtungen gebucht. „Brasilianer und Kölner sind beide Karnevalsvölkchen, das passt gut zusammen“, sagt Olaf Pohl von Köln-Tourismus. Auch die Einzelhändler und Gastronomen wollen von den brasilianischen Fans profitieren. Der Kölner Einzelhandelsverband wirbt damit, dass sie sich die Mehrwertsteuer bei der Ausreise erstatten lassen können. Der Hotel- und Gaststättenverband Nordrhein erhofft sich zur WM „Umsätze wie an Karneval“ und ködert die Gäste mit portugiesischsprachigen Speisekarten. Die Stadt hofft, dass die Brasilianer rund 17 Mio. Euro in Köln lassen werden.
Die Stadt bereitet sich auf insgesamt rund 300 000 WM-Besucher vor. Pohl hofft, dass die WM-Touristen der Stadt auch danach erhalten bleiben. „Wir wollen den Gästen zeigen, dass Köln noch sehr viel mehr zu bieten hat, sodass sie noch einmal für eine Städtereise wiederkommen“, sagt er. Den Fußballfans soll Köln als Sportstadt schmackhaft gemacht werden, den Partnerinnen oder Partnern als Kulturzentrum.
Der Plan funktioniert nur, wenn investiert wird. So haben Stadt und Sportstättengesellschaft 117,5 Mio. Euro in das Rheinenergie-Stadion, um das Stadion WM-tauglich zu machen. Auch der Weg dorthin soll ausgebaut werden: Die Stadtbahnlinie 1, die Innenstadt und Stadion verbindet, ächzt schon jetzt unter den Fans des 1. FC Köln. Auf der parallel verlaufenden Aachener Straße kommt es oft zu Unfällen. Die Stadt hat daher einen Kredit in Höhe von 29 Mio. Euro aufgenommen, um die Verkehrsverbindung zum Stadion für den Ansturm der WM-Besucher vorzubereiten.
Zum Confederations-Cup, der als WM-Generalprobe gilt, wird das Projekt allerdings noch nicht vollendet sein. „Wir rechnen mit Verkehrsproblemen“, sagt Horst Meyer, der WM-Beauftragte der Stadt.
Dazu droht neuer Streit: Der Kölner Einzelhandelsverband wollte die zur WM geplanten längeren Ladenöffnungszeiten schon zum Confederations-Cup testen. Gespräche mit den Kölner Gewerkschaften blieben bisher aber ergebnislos. Die 120 000 Besucher, die die Stadt zum Pokalspiel erwartet, würden eine Ausnahme vom Ladenschlussgesetz nicht rechtfertigen, sagt Wolfgang Uellenberg vom DGB-Kreis Köln. Dem Einzelhandelsverband bereitet noch etwas Kopfzerbrechen: Die Kölner Geschäfte würden sich gern mit dem offiziellen WM-Logo schmücken, doch die Lizenzgebühren der FIFA sind hoch. „Kleine Einzelhändler können sich das kaum leisten“, klagt Verbandsvorsitzender Uwe Klein.
Manchen Fußballfans geht die Kommerzialisierung der WM schon jetzt zu weit. „Das ist kein Fußball für das Volk, das ist eine WM der Sponsoren“, kritisiert Pascal Göllner vom FC-Fanclub „Wilde Horde“. Durch den Werberummel trete der Sport immer mehr in den Hintergrund. Zudem fürchtet er überhöhte Preise in der Gastronomie. „So wird man noch dafür bestraft, dass die WM in die eigene Stadt kommt“.
Quelle: Financial Times Deutschland
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