Der Markt für Industrieversicherungen gerät in Bewegung. Vier Monate vor der nächsten großen Welle von Vertragserneuerungen am 1. Oktober – dann schließen unter anderem Siemens und ThyssenKrupp ab – gibt es Anzeichen für ein Nachgeben der Versicherer bei Preisen und Bedingungen. „Allerdings ist der Markt dann immer noch auf einem sehr hohen Niveau“, sagte der Versicherungseinkäufer eines Großkonzerns. Der Manager, der nicht genannt werden will, glaubt an branchenweite Preissenkungen „im niedrigen zweistelligen Bereich“ bei den nächsten Erneuerungsrunden.
Nach hohen Verlusten in der zweiten Hälfte der 90er Jahre schreiben die Versicherer im Geschäft mit den Industriekonzernen seit 2002 wieder schwarze Zahlen. Seit Anfang 2004 versuchen einige Kunden und Großmakler, die Preise wieder herunterzureden – bislang ohne durchschlagenden Erfolg. Aber jetzt scheint die Front der Assekuranz zu bröckeln. Dazu trugen möglicherweise auch die Ermittlungen des Bundeskartellamts gegen eine Reihe von Unternehmen wegen angeblichen Zusammenwirkens in der Industrieversicherung bei.
Große Aufmerksamkeit fand Anfang des Jahres deshalb in der Branche der Abschluss des Chemieunternehmens Lanxess, das aus dem Bayer-Konzern hervorging. Bei Lanxess konnte der Schweizer Konzern Zurich Financial Services den Vertrag als führendes Unternehmen für die Feuerversicherung gegen heftige Konkurrenz von Gerling und Allianz gewinnen, die noch bei Bayer diese Anlagen versichert hatten.
Nach Angaben aus Versicherungskreisen hat Zurich die beiden Konkurrenten, die rund 8 Mio. Euro für die Feuerpolice verlangten, um 30 Prozent unterboten. Ein Zurich-Sprecher wollte das Ausmaß nicht bestätigen. „Der Preis spielte nur eine untergeordnete Rolle“, sagte er. Lanxess habe wegen der internationalen Ausrichtung des Versicherers abgeschlossen.
Die Preise zwischen den Anbietern könnten schon deutlich variieren. „Wir haben unsere eigene Risikoprüfung auf Grundlage internationaler Daten“, sagte der Sprecher. Auch den Haftpflichtschutz kaufte Lanxess nicht beim etablierten Anbieter Gerling, sondern bei HDI in Hannover, der Nummer drei im deutschen Markt. Auch hier soll der Preis erheblich unter dem Angebot des bisherigen Anbieters gelegen haben.
Zwei Wochen nach Beginn des Feuerversicherungsvertrags kam es in einem Lanxess-Werk in Spanien zu einem Feuer, für das die Versicherer unter Führung der Zurich rund 40 Mio. Euro zurückstellen mussten. Der Großschaden wurde von manchen Konkurrenten mit Häme bedacht. „Genau um den Schutz vor solchen Schäden geht es aber bei der Versicherung“, kommentierte einer der betroffenen Manager. Ein Großschaden tauge nicht als Beleg für eine angeblich zu niedrige Kalkulation.
Lanxess war nicht das einzige Großrisiko, bei dem sich Zurich in den vergangenen zwei Jahren gegen die deutschen Marktführer Allianz und Gerling durchsetzen konnte. So schloss Siemens im Oktober 2004 einen Vertrag mit einem Konsortium unter Führung des Schweizer Konzerns für einen großen Teil seiner Feuer- und Sachschadendeckung. Bis dahin war Gerling führend, die Allianz wichtiger Teilnehmer des Konsortiums. Vorwürfe der Konkurrenz an die Adresse der Zurich, sie wolle auf Biegen und Brechen Marktanteile gewinnen, weisen die Schweizer zurück.
Stefan Sigulla, Versicherungschef bei Siemens Financial Services, sieht marktweite Erleichterungen für die Kunden. „Bei den Bedingungen tut sich etwas, da sind wieder Risiken eingeschlossen, die bisher ausgeschlossen oder nur gegen zusätzliche Prämie versichert waren“, sagte er. Zur Entwicklung bei den Preisen will Sigulla nichts sagen – Siemens steht schließlich mitten in den Verhandlungen um die neuen Verträge.
Quelle: Financial Times Deutschland
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