Der Versicherungskonzern Allianz greift im heiß umkämpften Geschäft mit Autoversicherungen mit hohen Sonderrabatten nach den wichtigsten Kunden des schärfsten Rivalen HUK-Coburg. Mit Abschlägen von mehr als 30 Prozent wirbt die Allianz unter Bayerns Polizisten und Justizangestellten um Neukunden. HUK-Coburg ist vor allem in der lukrativen Kundengruppe öffentlicher Dienst stark. Der Freistaat Bayern beschäftigt direkt und indirekt 330 000 Beamte und Angestellte.
So bietet ein Allianz-Vertreter aus Weiden Einsparungen von bis zu 30 Prozent „zusätzlich zum Beamtentarif“. „Jeder Kollege erhält einen Tankgutschein in Höhe von 25 Euro bei Wechsel“, heißt es in einem Werbeschreiben an die Mitarbeiter der Polizeiinspektion Waidhaus. Beamten der Polizeiinspektion Kiefersfelden werden in einem Werbebrief zusätzlich zum Beamtentarif und zum Kilometernachlass „26 Prozent Sonderrabatt in der Haftpflichtversicherung, 39 Prozent in der Teilkaskoversicherung und 30 Prozent in der Vollkaskoversicherung“ angeboten.
Die Angebote sind ein klares Indiz, zu welch groben Mitteln der Marktführer inzwischen greift, um den langjährigen Verlust an Marktanteilen zu stoppen. Sie stehen in scharfem Gegensatz zur offiziellen Konzernlinie. Danach lässt sich der Marktführer auf Preissenkungen um des Marktanteils willen nicht ein.
Allerdings musste der Konzern bereits im März einräumen, sein Geschäft über niedrigere Preise stabilisiert zu haben. Jahrelang hatte die Allianz Verträge verloren, vor allem an aggressive Billiganbieter wie HUK-Coburg oder LVM. Mit einem neuen Tarif, der im September 2004 eingeführt wurde, konnte die Allianz Deutschland unter Führung von Landeschef Reiner Hagemann das Ausbluten stillen und die Zahl der Fahrzeuge fast stabil bei 8,79 Millionen halten. „Wir haben den bis September 2004 noch deutlichen Bestandsabrieb stoppen und sogar umdrehen können“, sagte Hagemann zufrieden vor der Presse. Der Tarif zielt vor allem auf Kunden aus dem öffentlichen Dienst und damit die Basis des mit 7,2 Millionen Fahrzeugen Marktzweiten und ärgsten Wettbewerbers, der HUK-Coburg. Die Allianz behauptet, die Preissenkungen hätten insgesamt weniger als zehn Prozent ausgemacht. Die Konkurrenz hat dagegen Reduzierungen von 12 bis 15 Prozent errechnet. Nach zwei gewinnträchtigen Jahren mit hohen Preisen und geringen Schäden hat die Branche inzwischen wieder Luft für Preiskämpfe.
Bei der Offensive in Bayern argumentieren die Vermittler mit einem Vertrag zwischen Versicherer und Staatsregierung, den es nicht gibt. „Ich möchte mit diesem Schreiben auf das Rahmenabkommen der Allianz Versicherungs AG mit dem bayerischen Staatsministerium hinweisen“, heißt es in einem Werbebrief der Raiffeisenbank Mangfalltal an Polizisten, die damit den Dienstherrn der Beamten für sich einspannt. Beim Bayerischen Staatsministerium des Innern ist von einem Rahmenvertrag zwischen der Behörde und dem Versicherer nichts bekannt. „Einen Vertrag zwischen der Allianz und den Staatsministerien gibt es nicht“, musste ein Sprecher des Versicherungskonzerns gestern einräumen. Das Finanzministerium habe aber zugestimmt, dass der Versicherer den Mitarbeitern einen eigenen Tarif anbieten darf. „Die Personalstellen und Personalräte der Ministerien haben die Mitarbeiter über dieses Angebot informiert“, heißt es bei der Allianz.
Über die Personalräte versucht Deutschlands größter Autoversicherer auch bei Justizbehörden zu punkten: In der Justizvollzugsanstalt Aichach beispielsweise wirbt der Personalrat per Aushang für Allianz-Verträge. „Beitragseinsparung bis zu 50 Prozent möglich“, heißt es.
Die Sondertarife werden über die Allianz-Tochter Vereinte Spezial abgewickelt, die nach Angaben des Unternehmenssprechers ausschließlich im Belegschaftsgeschäft tätig ist. Im Geschäft mit Bayerns Beamten hat die Allianz die Belegschaft besonders breit definiert. Dazu gehören auch „Ehegatten, Lebenspartner, Kinder, sowie Ruheständler bzw. deren Witwen“, heißt es in einem Schreiben an die Beamten und Angestellen der Polizeiinspektion Obernburg.
Quelle: Financial Times Deutschland
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