Schlechte Chirurgen bleiben unerkannt

Qualitätsberichte der Kliniken sind wenig aussagekräftig

Wüsste der Patient vor der Knieoperation, dass die Ärzte der Klinik so einen Eingriff nur einmal im Jahr vornehmen, würde er ein anderes Krankenhaus aufsuchen. Doch er hat keine Möglichkeit, das herauszufinden. Obwohl der Gesetzgeber die Kliniken verpflichtet hat, so genannte Qualitätsberichte mit Informationen über Angebote und behandelte Fälle abzugeben, wird sich daran auch künftig nichts ändern. Denn die wirklich wichtigen Fakten enthalten die Berichte nicht.

Ab August müssen die Kliniken den Krankenkassen alle zwei Jahre Berichte übermitteln, aus denen unter anderem die Größe der Abteilungen und die Zahl erbrachter Behandlungen hervorgehen. Diese Informationen werden von den Krankenkassen veröffentlicht. „Aber die Daten sind nicht vollständig, denn die Kliniken müssen nur die Top Ten ihrer erbrachten Leistungen angeben“, kritisiert Godehild Hesse vom AOK-Bundesverband. Ein Patient kann also feststellen, ob die Ärzte einer Klinik eine Operation oft durchführen, aber nicht, ob sie auf einem Gebiet nur gelegentlich tätig sind. „Kliniken sollten ihr gesamtes Leistungsgeschehen darstellen, und zwar jedes Jahr“, verlangt Hesse.

In den Berichten fehlen vor allem Informationen über Erfolg oder Misserfolg der Behandlungen, ablesbar etwa an Zahlen über Wundheilungsstörungen. Dabei gibt es diese Daten. Krankenhäuser melden sie der Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung (BQS), einer Einrichtung von Kliniken und Kassen. „Krankenhäuser sollten verpflichtet sein, die für einen Vergleich geeigneten Ergebnisse der BQS zu veröffentlichen“, fordert Hesse. Das wären zum Beispiel Daten aus der Herzchirurgie.

Auch Verbraucherschützer halten die gesetzlichen Vorgaben für nicht weitgehend genug. „Die Qualität einzelner Krankenhäuser muss vergleichbar sein“, sagt Thomas Isenberg vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV). Er plädiert dafür, dass Kliniken auch sensible Daten wie Sterberaten publizieren.

Dass dies geht, zeigt die Klinikkette Helios. Sie veröffentlicht schon seit dem Jahr 2000 medizinische Jahresberichte im Internet, die auch Sterberaten von Patienten mit schweren Erkrankungen wie Schlaganfall oder Lungenentzündung enthalten. Alle Chefärzte der Kette erhalten monatlich die erhobenen Daten aus sämtlichen Kliniken. „Das erzeugt eine riesige Qualitätssicherheit“, sagt der Arzt Thomas Mansky von Helios.

Noch spielen Qualitätsberichte bei Verhandlungen von Kliniken und Krankenkassen keine Rolle. Das wird sich ändern, sagt Verbraucherschützer Isenberg. „Die Informationen dürfen aber nicht nur für das Kostenmanagement der Kassen genutzt werden“, betont er. Deshalb sollten die Daten auch unabhängigen Patientenberatungsstellen zur Verfügung gestellt werden.

Zitat:

„Die Qualität der Krankenhäuser muss vergleichbar sein“ – Thomas Isenberg, Verbraucherzentrale Bundesverband

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland

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