Private Kassen präsentieren Radikalmodell

Privatunfälle und Zahnbehandlungen sollen nach dem Willen der privaten Krankenversicherer (PKV) in Zukunft nicht mehr über die gesetzlichen Kassen abgedeckt, sondern privat versichert werden. Das geht aus einem Reformkonzept hervor, das PKV-Präsident Reinhold Schulte gestern auf der Jahrestagung seines Verbands in Berlin präsentierte.
„Allein aus der Umsetzung der von uns vorgeschlagenen Maßnahmen resultiert eine Beitragssatzsenkung in der gesetzlichen Krankenversicherung um rund 4,8 Prozentpunkte auf rund 9,4 Prozent“, sagte er. Welche Preise die Versicherten für den privaten Schutz bezahlen müssten, konnte Schulte aber nicht beziffern. Es könne sein, dass die Bürger mehr zahlen müssten als heute.
Die PKV will zwar am Nebeneinander von privaten und gesetzlichen Anbietern festhalten, selbst aber mehr Gewicht bekommen. „Um trotz demografischer Verschiebungen eine langfristig stabile Finanzierung des Gesundheitswesens zu gewährleisten, ist eine Neugewichtung zwischen Umlage- und Kapitaldeckungsverfahren unumgänglich“, sagte Schulte.
Gegenentwurf zu SPD und CDU
Die PKV will damit einen Gegenentwurf zur rot-grünen Bürgerversicherung und der Gesundheitsprämie der Union bieten. In beiden Fällen würde dem heutigen Geschäftsmodell der Branche der Boden entzogen. 2004 hatte die PKV bereits versucht, mit einem neuen Tarif für freiwillig Versicherte zu punkten.
Die Versicherungspflichtgrenze – also das monatliche Einkommen, ab dem abhängig Beschäftigte sich privat versichern können – müsse deutlich gesenkt werden, sagte Schulte. Der Wert war zum 1. Januar 2003 von 3375Euro monatlich auf 3825 Euro angehoben worden, was der PKV einen deutlichen Rückgang des Neugeschäfts bescherte. Die Grenze müsse mindestens wieder auf 3375Euro abgesenkt werden, forderte Schulte.
Privatunfälle, Krankengeld, Zahnbehandlung und Zahnersatz sollten komplett aus der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) herausgenommen werden, sagte Schulte weiter. Für diese Bereiche könnten sich Versicherte dann – je nach den politischen Vorgaben – freiwillig oder obligatorisch privaten Schutz kaufen.
„In einem zweiten Schritt muss der Leistungskatalog der GKV vollständig auf den Prüfstand“, so Schulte. Zur Disposition stehen könnten etwa Kuren, Massagen oder die Behandlung von Bagatellerkrankungen. Teil des PKV-Konzepts sind zudem die Streichung versicherungsfremder Leistungen und der beitragsfreien Mitversicherung für kinderlose und nicht berufstätige Ehepartner sowie eine Erhöhung der Eigenbeteiligung.

Quelle: Financial Times Deutschland

Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.

Diskutieren Sie mit