Die US-Rating-Agentur AM Best hat die Münchener Rück auf Beobachtungsstatus mit negativer Implikation gesetzt. Das bedeutet, dass die Agentur in den nächsten Wochen ihre Beurteilung prüft und nach heutigem Kenntnisstand davon ausgeht, dass sich die Bewertung von zurzeit „A+“ verschlechtert.
AM Best ist in den USA, dem wichtigsten Rückversicherungsmarkt der Welt, eine sehr einflussreiche Rating-Agentur. Der Schritt kommt zu seinem ungünstigsten Zeitpunkt für den deutschen Konzern: Ab September beginnen die Vertragsverhandlungen für das Jahr 2006 mit den Kunden, den Erstversicherern. Die Kunden drängen auf Preissenkungen, die Münchener Rück möchte gerne die momentan hohen Preise beibehalten. Mit dem Druck auf ihrem Rating wird das viel schwerer.
AM Best begründete den Schritt mit der erneuten internen Untersuchung der Münchener Rück über Altlasten bei der Tochter American Re, die möglicherweise zu Nachreservierungsbedarf führt. Analystenschätzungen reichen von wenigen Hundert Millionen Euro Bedarf bis zu mehr als 1 Mrd. Euro. „Über Ergebnisse der Prüfung können wir nicht spekulieren“, sagte eine Sprecherin gestern.
Die American Re leidet wie zahlreiche – aber nicht alle – Rückversicherer an zwei Problemfeldern. Einmal handelt es sich um hohe Kosten aus Asbest- und Umweltschäden, die wegen des US-Rechtssystems immer wieder in Wellen hochkommen. Zweitens geht es um Haftpflichtansprüche aus Verträgen, die 1997 bis 2001 geschlossen wurden. Damals haben viele Gesellschaften Risiken zu ungenügenden Prämien akzeptiert. Jetzt kommt es in der Arbeiterunfallversicherung und anderen Haftpflichtdeckungen zu Ansprüchen. Die damals für den Zweck gebildeten Reserven stellen sich als zu niedrig heraus.
Die American Re musste bereits mehrfach nachreservieren und benötigte dafür auch schon Hilfe der Münchener Rück. Zuletzt entdeckte sie 2004 bis dahin unbekannte Altlasten in Höhe von 482 Mio. $.
Von den großen Problemen der Münchener Rück stellt sich die American Re als das schwierigste dar. Konzernchef Nikolaus von Bomhard kann Fortschritte bei der Trennung von hohen Beteiligungen an Banken und anderen Versicherern aufweisen, die Analysten immer wieder bemängelten – der Anteil von 18,4 Prozent an der HypoVereinsbank wird nach der Übernahme durch Unicredit deutlich zurück gefahren, an der Allianz hält der Konzern seit Montag nur noch unter fünf Prozent. Die Dauerbaustelle Ergo, in der die Münchener Rück ihre wichtigsten Erstversicherungstöchter gebündelt hat, erhält gerade eine ganz neue Struktur. Die US-Tochter dagegen meldet immer wieder neue Probleme.
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo