Wegen seiner Führungskultur steht der OnlinebrokerComdirect in einer Rangliste an erster Stelle. Das Unternehmen bereitet Information außerdem klar auf
An jedem fünften Bankarbeitstag nach Monatsbeginn geschieht beim Onlinebroker Comdirect Bank etwas, das für die meisten Firmen in Deutschland noch undenkbar ist: Die im SDax gelistete Gesellschaft gibt Zahlen über die Werttreiber der Firma wie das Kundenvermögen und das Einlagevolumen heraus. „In Deutschland sind wir damit einzigartig“, sagt Firmensprecher Johannes Friedemann. „Aber vergleichbare Unternehmen im angelsächsischen Raum machen das auch.“
Der vor elf Jahren gegründete Internetbroker ist 2000 an die Börse gegangen. Seit etwa zwei Jahren veröffentlicht das Unternehmen die Zahlen wenige Tage nach Monatsende. „Das ist mittlerweile eine Art Fieberthermometer für die Branche geworden“, sagt Friedemann. Analysten, Investoren und Journalisten beobachten mit Spannung, was sich beim Marktführer tut.
Nach Einschätzung des Beratungsunternehmens Ergo Kommunikation ist die Comdirect Bank in Bezug auf Empfehlungen zur Unternehmensführung und die verlangte Informationspolitik vorbildlich. Im Corporate-Governance-Survey 2005, die Ergo erstellt hat, belegt die Comdirect Bank den ersten Platz. In die Studie waren 230 Unternehmen einbezogen. Das Loblied auf die Comdirect Bank hat nur einen kleinen Schönheitsfehler: Der Internetdienstleister ist Kunde von Ergo. Ganz im Sinne transparenter Information weisen Broker und Berater darauf aber hin. „Wir haben objektive Kriterien zu Grunde gelegt, die jederzeit nachvollziehbar sind“, sagt Andreas Martin, der die Studie verfasst hat.
Die Comdirect Bank setzt den Corporate-Governance-Kodex bis auf einen Punkt um: Anders als empfohlen befasst sich nicht der gesamte Aufsichtsrat, sondern dessen Präsidialausschuss mit den Bezügen des Vorstands. Für die Bewertung entscheidend war aber nicht nur, ob Comdirekt den Empfehlungen Folge leistet, sondern auch, wie das Unternehmen die Maßnahmen darstellt, die der Kodex nahelegt. Dazu gehören das umfangreiche Internetangebot und entsprechende Informationen im Geschäftsbericht. „Man sieht häufig, dass Unternehmen viel Platz für dieses Thema reservieren, aber nur allgemeine Aussagen machen“, berichtet Martin.
Die Comdirect Bank widmet sich in ihrem aktuellen Geschäftsbericht zum Beispiel der Effizienzprüfung der Aufsichtsratsarbeit. Alle Mitglieder konnten bei einer Sitzung mit Hilfe eines detaillierten Fragebogens mögliche Verbesserungen benennen. „Sowohl zur Arbeit des Aufsichtsrats als auch zur Tätigkeit der Ausschüsse gab es nur vereinzelte Anregungen, so etwa zu den Fristen, innerhalb derer der Aufsichtsrat über strategische Themen informiert wird“, heißt es. An dem Bericht über die Bezahlung des Vorstands ist nach Angaben von Ergo besonders, dass die Comdirect Bank nicht nur die Aufteilung der Vergütung beschreibt, sondern auch deren Zustandekommen. Der Interessierte erfährt, dass das Festgehalt des Vorstands 38,21 Prozent der Gesamtbezüge ausmacht. Der variable Teil hängt vom Ergebnis vor Steuern und Zinsen, der Cost-Income-Ratio und dem Erreichen individueller Ziele ab, die mit dem Präsidialausschuss des Aufsichtsrats vereinbart und von ihm überprüft werden. In Zahlen bedeutet das: 2004 bekam Vorstand Andre Carls 434 000 Euro und Vorstand Achim Kassow 688 000Euro, hinzu kamen Aktienoptionen.
„Gute Corporate Governance schafft einen Rahmen, innerhalb dessen ein Unternehmen im langfristigen Interesse seiner Aktionäre geführt werden kann“, sagt Fiona Ellard von Merrill Lynch Investment Managers. Davon ist auch die Comdirect Bank überzeugt: „Letztendlich führt ein Unternehmen den Kodex für sich selbst und nicht für die Investoren ein“, sagt Sprecher Friedemann. Der Kodex sei ein Vehikel zur Führung und Steuerung. „Er ist eine Art Brille, durch die ein Marktteilnehmer auf ein Unternehmen schaut“, sagt er. Eine solide Anlageentscheidung beruhe immer auf sauberem Informationsfluss. „Niemand kauft eine Black Box.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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