Credit Suisse siegt im Streit mit XL

Bank muss nach Schlichterspruch weniger zahlen als befürchtet · Versicherer vor großen Problemen

Von Rolf Lebert, Frankfurt,und Herbert Fromme, Köln Der Streit zwischen Credit Suisse und dem Bermuda-Versicherer XL Insurance über den Ausgleich von Altlasten aus dem Versicherungsgeschäft wird voraussichtlich zu Gunsten der Schweizer Großbank entschieden. Ein als Schlichter eingesetzter Versicherungsmathematiker hat nach Angaben der Bank in einem gestern vorgelegten vorläufigen Gutachten festgestellt, dass die in Frage stehenden Ausgleichsforderungen näher bei den Vorstellungen von Credit Suisse als bei denen der XL liegen. Der Aktuar werde seine Entscheidung nur noch korrigieren, wenn offensichtliche Fehler auftauchen sollten, so Credit Suisse. Neue Daten können beide Seiten nicht mehr nachreichen.

In dem Streit geht es darum, in welcher Höhe Credit Suisse Altlasten des 2001 an XL verkauften Industrieversicherers Winterthur International, einer Tochter ihrer Winterthur-Gruppe, ausgleichen muss. Unstrittig war, dass die Reserven des Industrieversicherers nicht ausreichen würden, um alle Belastungen abzudecken. Bei Verkäufen dieser Art ist es üblich, einige Jahre abzuwarten, in denen die Schäden erst hochkommen, und dann den Ausgleich festzulegen.

Während jedoch die Schweizer nur 541 Mio. $ zahlten wollten und dafür Rückstellungen gebildet hatten, forderte XL 1,45 Mrd. $.

Die Unsicherheit über den Ausgang des Verfahrens belastete einerseits die Gewinnaussichten von Credit Suisse, das deshalb für das Gesamtjahr 2005 keine Ergebnisprognose abgeben wollte, und vereitelte andererseits bisher den geplanten Verkauf oder Börsengang von Winterthur. Wenn der Schlichtungsspruch des Aktuars am 5. Dezember zu Gunsten der Credit Suisse ausfällt, hat die Bank die Option, ihr Versicherungsgeschäft zügig aus dem Konzern herauszulösen.

Für die Schlichtung wurde das so genannte Baseball-Verfahren gewählt, bei dem wie bei Streitigkeiten über die Gehälter von Baseballprofis in den USA der Betrag gezahlt werden muss, der dem Schlichterspruch am nächsten kommt. Tendiert der Aktuar mehr zur Credit Suisse, muss die Bank 541 Mio. $ zahlen, läge er näher bei der XL-Forderung, würden fast 1 Mrd. $ mehr fällig. XL räumte gestern die Niederlage ein. Das Unternehmen erwartet von den Schweizern im Dezember eine Zahlung von 575 Mio. $, in denen von Ende Juni 2004 bis September 2005 aufgelaufene Zinsen enthalten sind. An der Börse in Zürich stiegen die Credit-Suisse-Aktien um mehr als zwei Prozent.

Für XL wird die Entscheidung zu einer ernsthaften Belastungsprobe. Der Versicherer kündigte einen Verlust von 830 Mio. $ für das vierte Quartal an. Die Rating-Agentur Standard & Poor’s drohte mit einer Herabstufung des gegenwärtigen „A“-Ratings. Standard & Poor’s hatte XL bereits auf Beobachtungsstatus mit negativem Ausblick gesetzt. Mit einer Bewertung von „BBB“ oder schlechter könnte die XL-Gruppe, die auch in Europa aktiv ist, vor allem im heftig umkämpften Rückversicherungsmarkt kaum bestehen. Dort ist ein schlechtes Rating für viele Kunden – die Erstversicherer – ein Ausschlusskriterium, weil sie finanzielle Stärke einkaufen wollen.

Bild(er):

Schlichterspruch wie beim Baseball: Die Schlichter im Streit zwischen Credit Suisse und XL orientierten sich bei der Entscheidung am US-Profisport – Gettyimages/Cobalt Stock

Quelle: Financial Times Deutschland

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