Konzernchef führt Einbrüche auf Sondereffekte zurück · FTD-Interview mit Carsten Maschmeyer
Von Herbert Fromme, Köln Der Finanzvertrieb AWD erlebt eine deutliche Verbesserung im Absatz von Versicherungen und anderen Finanzangeboten. „Das vierte Quartal ist sehr viel besser als das Dritte“, sagte Vorstandschef Carsten Maschmeyer im FTD-Interview. Zwar werde die Organisation die für 2005 ursprünglich gesteckten Ziele bei Umsatz und Gewinn nicht erreichen. „Aber wir liegen deutlich über den Verkaufszahlen des Jahres 2003“, sagte er. Das Ende der Unsicherheit, die durch den Wahlkampf ausgelöst wurde, sowie ein Umsteuern in den eigenen Reihen seien die Hauptgründe für die Verbesserung. AWD hat insgesamt 6000 Vertreter, davon knapp 3000 in Deutschland.
Finanzvertriebe und Versicherer verwenden als Vergleichszeitraum für 2005 gern das Jahr 2003, weil 2004 durch den von Steueränderungen erzeugten Sondereffekt in der Lebensversicherung beeinflusst wurde.
Der jetzt von Maschmeyer verbreitete positive Ausblick für das vierte Quartal steht in deutlichem Kontrast zu den Zahlen, die Maschmeyer am 6. Oktober für die ersten neun Monate nannte. Damals musste er von einem Umsatzrückgang um fünf Prozent auf 447 Mio. Euro berichten. Damit stand AWD zwar immer noch besser da als die meisten Versicherer. Aber trotzdem brach die Aktie kräftig ein. Investoren waren verstimmt über die Kommunikationsstrategie des Unternehmens. Noch im Mai hatte Maschmeyer das erste Quartal dieses Jahres vollmundig als „das beste erste Quartal in der Unternehmensgeschichte“ bezeichnet.
Der AWD-Chef will von Kommunikationsproblemen mit den Anlegern nichts wissen. Das Unternehmen habe immer darauf hingewiesen, dass es sehr schwer sei, für 2005 Prognosen abzugeben.
Er sieht eine Reihe von Sonderfaktoren, die gegen AWD arbeiteten. In Deutschland sei das die Wahl gewesen. „Die konträren Programme im Wahlkampf haben viele Leute zum Abwarten gebracht“, sagte er. „Man wusste nicht, ob Zwangsriester kommt oder wie das Gesundheitswesen reformiert wird.“ Die Wirtschaft sei schlecht geredet worden, dazu kam die Zahl von fünf Millionen Arbeitslosen. „Da haben die Leute ihr Geld lieber auf Sparkonten und in anderen kurzfristigen Anlagen gelassen, als sich 30 Jahre zu binden.“
Negativ hinzugekommen seien interne Faktoren. „Unsere Führungskräfte haben Riester- oder Rürup-Renten noch nie verkauft“, sagte Maschmeyer. Diese Multiplikatoren hätten die Riester-Bedingungen auswendig gekonnt, aber nicht gewusst, wie man so etwas verkauft. „Im September haben wir gesagt, ihr müsst die Theorie verlassen, und haben für eine Veränderung in den Köpfen des Führungspersonals gesorgt.“ Die Vertreter seien schon vorher intensiv geschult worden. Inzwischen hat AWD im laufenden Jahr 35 000 Riester- und Rürup-Renten verkauft. Das kann lukrativ sein: „Da hat es saftige Provisionsanhebungen durch die Versicherer gegeben. „
Negativ habe sich der Wegfall der steuerbegünstigten Fonds bemerkbar gemacht. „Wir haben das Ende Mai aus dem Programm genommen, das hat in Deutschland rund vier Prozent des Umsatzes ausgemacht.“ Schließlich habe die gerade aus zwei Unternehmen fusionierte italienische Tochter wegen der späten Genehmigung durch Aufsichtsbehörden vier Monate lang kaum etwas verkaufen können. Als geplanter Sonderfaktor kamen die Eingliederungskosten für die britische Erwerbung Chase de Vere hinzu.
Jetzt will Maschmeyer sich darauf konzentrieren, die Baustellen abzuarbeiten. „Wir wollen kurzfristig auf den profitablen Wachstumskurs zurückkehren.“ AWD wolle in allen Ländern Gewinn machen, das sei in einigen Märkten wie Polen und Italien noch nicht der Fall. „Erst mittelfristig können wir uns Zukäufe in einigen Ländern vorstellen“, sagte Maschmeyer.
Zitat:
„Das vierte Quartal ist sehr viel besser“ – AWD-Chef Carsten Maschmeyer –
Bild(er):
Alles im Griff? AWD-Chef Carsten Maschmeyer sagt, das Geschäft laufe wieder besser – Novum/Walter Schmidt
Quelle: Financial Times Deutschland
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