Nach der Überwindung der Finanzschwäche haben viele Versicherer Fusionen im Blick
Von Herbert Fromme, Köln Mit den angekündigten oder bereits durchgeführten Großfusionen schaltet die globale Versicherungswirtschaft wieder um in den Konsolidierungsmodus. Aviva will Prudential kaufen, St. Paul hat Interesse an Zurich, und Swiss Re übernimmt gerade GE Insurance Solutions. In Deutschland verleibt sich die Talanx-Gruppe den Gerling-Konzern ein.
In den 90ern hatte die Branche eine große Anzahl von Fusionen erlebt – von der Übernahme der Kölnischen Rück durch General Re bis zur Bildung des Ergo-Konzerns in Deutschland oder den Zukaufswellen der Axa. Aber nach 2000 kam es zu einem radikalen Schwenk. Der Zusammenbruch der Börsenkurse – verbunden mit einer Niedrigpreisphase und niedrigen Zinsen – brachte viele Gesellschaften in große Schwierigkeiten. Sie trugen schwer an den Kapitalverlusten und brauchten bis 2005, um ihre Bilanzen in Ordnung zu bringen.
Jetzt verdient die Branche wieder prächtig. Konzerne suchen nach raschen Wachstumschancen, um die noch anhaltende Hochpreisphase in der Schaden- und Unfallversicherung mitzunehmen. Da Wachstum aus eigener Kraft ein sehr mühseliges Geschäft ist, setzen sie auf Übernahmen.
Die Assekuranz ist eine vergleichsweise fragmentierte Branche. 2004 erzielte sie global 3244 Mrd. $ an Prämieneinnahmen. Im selben Jahr erreichte die Allianz, zusammen mit AIG, einem der weltweiten Marktführer, Prämieneinnahmen von 82 Mrd. Euro (ohne Sparanteile), ein Marktanteil von unter drei Prozent. Auch das zeigt, dass die Branche Raum für Konsolidierung hat.
Neben dem Abschöpfen von Gewinnchancen verweisen die Verfechter der Konsolidierung auf Synergieeffekte. „Große Versicherer können ihre Festkosten auf eine große Prämienbasis verteilen“, urteilen die Analysten der Swiss Re in einer Marktstudie. Auch seien sie besser in der Lage, sich auf Finanzinnovationen wie Verbriefungen einzustellen, und bekämen die zunehmende Komplexität von Versicherungsangeboten sowie Bilanzvorschriften besser in den Griff. Andererseits bedeuten die Fusionen einen hohen Aufwand, der die Unternehmen am Markt unbeweglicher macht.
Die Konsolidierung muss nicht immer aus der Übernahme von ganzen Unternehmen bestehen. Bei vielen Versicherern beliebter ist der Kauf von Vertragsbeständen. Damit bekommt man zwar das Geschäft, aber die möglichen Altlasten bleiben beim abgebenden Unternehmen.
Aus Kundensicht sind Großfusionen ohnehin nicht immer angenehm. In der deutschen Industrie gibt es beträchtliche Unruhe, weil die Kunden um die Zukunft von Gerling nach der Übernahme durch Talanx bangen. Sie fürchten sich vor einem Duopol aus Allianz und Talanx.
Zitat:
„Große Versicherer können ihre Festkosten verteilen“ – Swiss-Re-Analysten –
Quelle: Financial Times Deutschland
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