HalsbrecherischeArgumente

Herbert Fromme Not kennt kein Gebot. In ihrer Angst, die politischen Parteien könnten ihr Geschäftsmodell abschaffen, argumentieren die privaten Krankenversicherer (PKV) verstärkt mit einem „Mehrumsatz“ von 9,5 Mrd. Euro, der ins Gesundheitswesen fließt. Er wird als „überproportionaler Finanzierungsbeitrag der Privatpatienten“ ausgegeben. Das sei die Differenz zwischen dem, was die privaten Krankenversicherer an Leistungen für ihre Kunden zahlen, und dem, was die gesetzlichen Kassen zahlen würden, wären diese Kunden ihre Mitglieder.

Die Argumentation ist halsbrecherisch. Die PKV weist für 2005 Versicherungsleistungen von 17,5 Mrd. Euro aus. Davon sollen 9,5 Mrd. Euro oder 54 Prozent „Mehrumsatz“ sein? Bei allen privat Versicherten mit stetig steigenden Beiträgen müsste die Nachricht höchste Besorgnis auslösen.

Für den „Mehrumsatz“, wie hoch auch immer er sein mag, gibt es zwei mögliche Erklärungen. Erstens: Die PKV-Versicherten erhalten mehr und bessere Leistungen. Dafür müssen sie mehr zahlen. Aber das heißt nicht, dass sie irgendjemanden bezuschussen. Die Käufer der S-Klasse subventionieren nicht die Smart-Fahrer.

Zweite Erklärung: Ärzte und andere Leistungserbringer rechnen für dieselbe Leistung bei Privatpatienten mehr ab als bei gesetzlich Versicherten. Das ist so. Die PKV muss sich wehren, wenn sie sich so benachteiligt sieht, und nicht in alte Fehler verfallen: Sie verkauft sich als Wohltäter für die Konkurrenz, statt sich um die Effizienz des eigenen Systems zu kümmern.

Herbert Fromme ist Versicherungskorrespondent der FTD

fromme.herbert@ftd.de

Quelle: Financial Times Deutschland

Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.

Diskutieren Sie mit