Börse umgarnt Euronext-Aktionäre

Institutschef Francioni deutet Missverständnis bei Fusionsgesprächen an · Kritik an Théodore

Von Christèle FRadin, Thibaut Madelin, Frankfurt, Heimo Fischer , Paris, und herbert Fromme, Brüssel Der Chef der Deutschen Börse, Reto Francioni, umgarnt im Kampf um die Mehrländerbörse Euronext die Franzosen. Im Gespräch mit der FTD-Schwesterzeitung Les Echos ließ er durchblicken, seine Aussagen zu einer Fusion mit der europäischen Gemeinschaftsbörse könnten missverstanden worden sein. Er deutete an, dass dafür Euronext-Chef Jean-François Théodore verantwortlich sein könnte.

Die Aussagen kommen zu einer Zeit, in der der Pariser Finanzplatz der angekündigten Fusion zwischen Euronext und New York Stock Exchange (NYSE) zunehmend skeptisch gegenübersteht. Kürzlich hatte der Nutzerverband Paris Europlace eine Studie angekündigt, die alle Fusionsmöglichkeiten noch einmal prüfen soll.

Mit seinen Bemerkungen unterstreicht Francioni, dass er weiter für eine Fusion zwischen Euronext und den Deutschen kämpft. Deutsche Börse und Euronext hatten monatelang verhandelt, bevor Euronext die NYSE als Wunschpartner gewählt hatte. Francioni sagte, womöglich habe er seinen Vorschlag nicht richtig erklärt. „Es ist aber auch möglich, dass er teilweise falsch ausgelegt worden ist“, sagte er. Während der Verhandlungen habe die Deutsche Börse die Mitglieder des Verwaltungsrats von Euronext niemals direkt beeinflusst. „Was die Unterrichtung über unseren Vorschlag betrifft, haben wir uns auf Jean-François Théodore verlassen“, sagte Francioni.

Missverständnisse habe es zum Beispiel bei der Organisation eines künftigen Gemeinschaftsunternehmens aus Euronext und Deutscher Börse gegeben. Seine Gruppe vertrete einen föderativen Ansatz. Jeder neue Marktplatz in einer vereinigten Gruppe würde seine lokale Eigenständigkeit behalten. „Sei es, wie es will, die nationalen Regulierungsinstanzen werden zuständig bleiben“, sagte er.

Euronext hatte stets gefordert, dass der föderative Charakter nach einer Fusion erhalten bleibt. Auf dieser Grundlage hatte sich das Unternehmen mit der NYSE geeinigt. Die New Yorker Börse will Euronext für knapp 8 Mrd. Euro übernehmen. Das Geschäft soll zum Teil per Aktientausch umgesetzt werden.

Francioni reagiert mit seinen Aussagen auch auf Ängste, wonach der Finanzplatz Paris nach einer Fusion mit der Deutschen Börse an Bedeutung verlieren könnte. Ein Pariser Analyst sah darin ein Haupthindernis. „Für viele hier ist klar, dass eine Fusion mit der Deutschen Börse wirtschaftlich mehr Sinn macht.“

Die Euronext-Aktionäre müssen über die Fusion abstimmen. Mächtige Investmentfonds tendieren eher zur Deutschen Börse. Auf der Hauptversammlung am 23. Mai wurde bereits über den Antrag eines Aktionärs abgestimmt, der eine Fusion mit der Deutschen Börse als beste Möglichkeit bezeichnete. Die Resolution verfehlte die Mehrheit.

Zu diesem Zeitpunkt standen Aktionsgruppen wie Paris Europlace, mit fünf Prozent Anteil an Euronext, einer solchen Fusion sehr zurückhaltend gegenüber. Skeptisch hatte sich damals aber auch ein Block aus französischen Banken gezeigt, der zehn Prozent besitzt. Bei beiden Gruppen hat offensichtlich ein Umdenken eingesetzt.

Abwartend äußerte sich gestern Henrie de Castries, Chef des französischen Versicherers Axa, der zwei Prozent an Euronext hält. Axa hatte auf der Hauptversammlung gegen eine schnelle Fusion mit Frankfurt gestimmt. Über zwei Punkte sei er nun verwundert, so de Castries. Zum einen habe die Deutsche Börse erklärt, ihr Angebot sei nicht ausreichend untersucht worden. Zum anderen habe es im Euronext-Verwaltungsrat starken Druck gegeben, als über die Fusion mit der NYSE abgestimmt wurde. „Wir wollen sicher sein, dass alles sorgfältig geprüft wird“, sagte er.

Zitat:

“ „Was die Unterrichtung über unseren Vorschlag betrifft, haben wir uns auf Jean-François Théodore verlassen“ “ – Reto Francioni –

Bild(er):

Der Chef der Deutschen Börse, Reto Francioni, hat die Hoffnung auf eine Fusion mit Euronext noch nicht aufgegeben – GettyImages/Ralph Orlowski

Quelle: Financial Times Deutschland

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