Talanx geht auf Jagd nach Übernahmen

Börsengang ist Voraussetzung für weitere Zukäufe nach Gerling · Vorstandschef Baumgartl wechselt in Aufsichtsrat

Herbert Fromme , Hannover Der Talanx-Konzern plant nach dem Kauf der Gerling-Versicherer weitere Übernahmen, müsste dafür aber vorher den seit langem immer wieder als Möglichkeit genannten Börsengang umsetzen. Der scheidende Konzernchef Wolf-Dieter Baumgartl sagte, für Talanx seien „5 bis 8 Mrd. Euro “ als Kaufpreis für ein Übernahmeziel und als Ergebnis eines Aktiendebüts möglich. „Die Jagd auf Großwild“ sei aber sehr viel schwieriger als die bisherigen Übernahmen wie der Kauf der Gerling-Versicherer, fügte er hinzu. Zunächst müsse die Integrationsarbeit erledigt werden. „Der Börsengang der Talanx wird dann kommen, wenn die Talanx Geld braucht“, sagte er.

Baumgartl wechselt nach der Hauptversammlung am 12. Juli in die Aufsichtsräte der Talanx und des Talanx-Mehrheitsbesitzers, des Versicherungsvereins HDI VaG. Dort wird Baumgartl den Vorsitz übernehmen, der jetzige Vorsitzende Hans-Joachim Fonk zieht sich mit 77 Jahren zurück. Baumgartls Nachfolger an der Konzernspitze wird Finanzchef Herbert Haas, dessen Position übernimmt Immo Querner, der bis vor wenigen Wochen noch Finanzchef des Gerling-Konzerns war.

Talanx hat die Gerling-Versicherer gerade übernommen. Gezahlt wurden rund 720 Mio. Euro. Das schließt den Aufwand für den Rückkauf von 30 Prozent an der Gerling-Konzern Allgemeine ein, die deutsche Industriekonzerne als Nothilfe 2003 übernommen hatten. Zudem übernahm Talanx mit dem Kauf alle Gerling-Pensionsverpflichtungen. Sie belaufen sich nach deutscher Handelsbilanz-Rechnungslegung auf 600 Mio.Euro, nach dem internationalen Bilanzierungsstandard IFRS auf 900 Mio. Euro.

Angaben zu den künftigen Standorten und dem Personalabbau wollte Baumgartl nicht machen. Das werde noch erarbeitet. In Unternehmenskreisen hieß es, bei dem in der Branche erwarteten Abbau von 1500 bis 2000 Stellen sei „die untere Zahl realistisch“. Gerling beschäftigt heute 6400 Mitarbeiter, die Talanx-Gruppe 10 400.

Zur Kritik von Versicherungseinkäufern großer Industriekonzerne, Talanx wolle die Betreuung der Großkunden verschlechtern, sagte Baumgartl, es gebe noch keine Festlegungen. Deshalb beruhe eine mögliche Kritik auf Spekulationen.

„Keiner ist gegen unseren Willen gegangen“, sagte Baumgartl zum Abgang mehrerer Gerling-Vorstände. In der Branche und unter Gerling-Kunden sorgte besonders der Weggang von Lebenschef Norbert Heinen für Unverständnis. „Den Gerling-Vorständen, die uns wichtig waren, sind ihre künftigen Aufgaben bekannt, und sie arbeiten in die Zukunft“, sagte Baumgartl.

„Für jegliche Klage darüber, dass Gerling nicht selbstständig fortbesteht, sind wir die falsche Adresse.“ Da müsse man sich an Rolf Gerling – den früheren Mehrheitsbesitzer – in Zürich wenden. Wer jetzt über Talanx klage, müsse sich fragen, ob es mit einem Gerling-Mehrheitsbesitzer Cerberus besser gelaufen wäre. Der US-Hedge-Fonds hatte ebenfalls für Gerling geboten.

Baumgartl sagte, der Konzern ziele nach der Gerling-Übernahme auf Prämieneinnahmen von 20,4 Mrd. Euro für 2006, nach 19,8 Mrd. Euro 2005. Das sei auf der Basis von zwölf Monaten gerechnet. „In unserem Abschluss für 2006 werden Sie die Zahl nicht finden, weil wir die Gerling-Gesellschaften nur für neun Monate konsolidieren“, so Baumgartl. Der operative Gewinn soll von 868 Mio. Euro für 2005 – wieder auf Pro-forma-Basis – auf rund 1,3 Mrd. Euro steigen. „Dabei sind Integrationskosten nicht enthalten.“ Die würden sich im „niedrigen dreistelligen Millionenbereich“ bewegen.

2005 blieb der Konzern mit einem operativen Ergebnis von 530 Mio. Euro deutlich unter den 969 Mio. Euro im Jahr 2004 und noch deutlicher unter dem angepeilten Ziel von mehr als 1 Mrd. Euro. Indes war 2004 durch Sonderfaktoren positiv beeinflusst, vor allem durch den Verkauf von rund 20 Prozent der Aktien des Tochterunternehmens Hannover Rück.

„Trotzdem haben wir 2005 einen Rückgang des operativen Ergebnisses um ein Drittel erlebt,“ sagte Baumgartl. Grund sei allerdings allein die Nettobelastung des Konzerns mit 838 Mio. Euro durch die Stürme „Katrina“, „Rita“ und „Wilma“. Rechne man die überdurchschnittliche Belastung durch diese Großschaden heraus, stehe das Unternehmen gut da, sagte er. Alle Zahlen wurden erstmals nach IFRS genannt.

Bild(er):

Talanx sucht nach weiteren Trophäen und schließt nach der Gerling-Übernahme eine „Jagd auf Großwild“ nicht aus – Imago; FTD-Montage

Quelle: Financial Times Deutschland

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