Volker Leienbach, beinharter Cheflobbyist der privaten Krankenversicherer
Man könnte ihm schlechtes Timing beim Wechsel des Arbeitgebers vorwerfen. Volker Leienbach, Cheflobbyist der privaten Krankenversicherer (PKV), trat seine Stelle 2002 an – zu genau dem Zeitpunkt, als seine Branche in das Fadenkreuz der Politik geriet. Jetzt steckt Leienbach im Tandem mit PKV-Verbandspräsident Reinhold Schulte in einem Kampf um das nackte Überleben seiner Arbeitgeber. Die gestern bekannt gewordenen Pläne des Gesundheitsministeriums zur radikalen Veränderung der privaten Krankenversicherung würden das Ende ihres Geschäftsmodells bedeuten. Viele der 49 Gesellschaften im Verband hätten keine Zukunft mehr.
Leienbach kämpft mit harten Bandagen. „Das ist Gesundheitssozialismus pur“, kommentierte er gestern die Attacke aus dem Hause Ulla Schmidt. Die starken Worte stehen in Kontrast zu der ruhigen, überlegten Art, mit der er sonst seine Auffassungen vorträgt.
Seine politischen Gegner wissen inzwischen, dass es gefährlich ist, den so harmlos wirkenden Gesprächspartner zu unterschätzen. Der 52-jährige Betriebswirt hat Erfahrung. Nach Studium und Assistentenzeit an der Uni Köln und drei Jahren bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände wechselte Leienbach 1984 zur Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung. Dort blieb er 18 Jahre. Die Organisation befasst sich als Thinktank mit den sozialen Sicherungssystemen in Deutschland und koordiniert weltweit Projekte auf diesem Feld für Bundesregierung, EU und Weltbank.
Leienbach weiß deshalb, was er tut, wenn er über die gesetzlichen Krankenkassen und die Unterschiede zum privaten System spricht. Geschickt macht er aus dem Sonderinteresse der PKV – dass im Grunde alles so bleiben soll, wie es ist – ein Allgemeininteresse: „Wenn es die PKV nicht mehr in der bisherigen Form geben sollte, dann ist auch Schluss mit der Kassenvielfalt in der GKV“, sagte Leienbach kürzlich in einem Interview. „Für staatliche Eingriffe gibt es dann kein Halten mehr.“
Flexibler in seinen Auffassungen macht ihn das alles nicht – auftragsgemäß ist er beinharter Lobbyist für die Sache der privaten Versicherer. Aber er kann auch über besonders verbissene Auftritte von Leuten aus dem eigenen Lager lächeln. Bei Diskussionsveranstaltungen, in Rundfunk und Fernsehen kommt er auch deshalb beim Publikum meistens an.
Der ruhige Leienbach ist der leibhaftige Gegensatz zu seinem Vorgänger, dem schillernden Juristen Christoph Uleer. Der verschaffte der Branche in 31 Jahren hohen politischen Respekt und viel Einfluss in Bonn und später Berlin. Uleer sorgte dafür, dass die oft widerstrebenden Flügel im PKV-Verband möglichst in eine Richtung gingen. Wenn die PKV jetzt von der Politik radikal zurückgeschnitten wird, kann man das kaum seinem Nachfolger anlasten. Nur das schlechte Timing.Herbert Fromme,
Ilse Schlingensiepen
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Quelle: Financial Times Deutschland
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