Hohe Werftenauslastung mindert kaum den Kostendruck

In Europa sind die deutschen Schiffbauer Spitze · Im globalen Wettbewerb spielen sie nur eine kleine Rolle · Mega-Yachten als neue Erfolgsnische

Zuletzt hat ein deutscher Schiffbauer 2003 Insolvenz angemeldet. Viele Marktkenner gaben auch den verbliebenen Unternehmen wegen der Preisdifferenz zur asiatischen Konkurrenz keine Überlebenschance. Heute sind die Auftragsbücher für die nächsten Jahre gut gefüllt.

Sorgen machen sich die Werften trotzdem. „Die Ertragslage hat sich verbessert, aber nicht wesentlich“, sagt Werner Lundt, Geschäftsführer des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik (VSM). Einige Werften verdienten nicht genug, um die notwendigen Investitionen für die Zukunft zu tätigen. „Dabei können wir unseren Vorsprung nur durch innovative, bessere Produkte halten.“

Zwar seien die Preise für neue Schiffe gestiegen, Gleiches gelte aber für die Kosten. Deshalb bleibe unterm Strich nicht genug, um für die nächste Flaute vorzusorgen. Eine Studie von PricewaterhouseCoopers im Auftrag des Wirtschaftsministeriums kam vor zwei Jahren zu dem Ergebnis, dass die durchschnittliche Marge unter einem Prozent liegt. Derzeit wird die Studie aktualisiert.

„Fast alle Werften sind wieder bereit, einzustellen“, sagt Lundt. Die Investition in Ingenieure sei genauso wichtig wie die in neue Produktionsanlagen, doch es fehle der geeignete Nachwuchs. In den vergangenen Jahren waren die Arbeitsplätze bei Werften auch keineswegs sicher: Nach Verbandsangaben ist die Zahl der Beschäftigten in der Branche auch von 2004 bis 2005 weiter zurückgegangen, und zwar um mehr als 400 auf knapp 22 900. Die IG Metall spricht sogar nur von 19 000 Mitarbeitern und erwartet einen weiteren Abbau in diesem Jahr.

Im vergangenen Jahr lieferten die deutschen Schiffbauer 69 Handelsschiffe im Wert von 2,6 Mrd. Euro ab, hinzu kamen Reparaturen und Marine-Aufträge. Weltweit spielen sie damit aber nur eine bescheidene Rolle. Gemessen an der Tonnage stellten sie 2005 gerade mal 2,6 Prozent der Neubauten – aus Südkorea kamen 37,7 Prozent, aus Japan 35 Prozent. In Europa dagegen gibt es keine größere Schiffbauindustrie als die deutsche. „Und ich gehe davon aus, das wird sich nicht grundlegend ändern und langfristig eine Slalomfahrt in die gefragten Nischen am Weltmarkt bedeuten“, sagt Lundt.

Die Werften haben sich meist auf Sektoren konzentriert, in denen hohe technologische Anforderungen gestellt werden, zum Beispiel beim Bau von Fähren und kleinen Spezialtankern. Bei Serienfertigungen ist die asiatische Konkurrenz viel billiger, und für die ganz großen Containerschiffe oder Tanker fehlen den deutschen Werften die Kapazitäten.

Eine neue Nische haben deutsche Werften mit dem Bau von großen Yachten besetzt. Das sei ein schönes Beispiel, denn vor fünf Jahren habe dieses Segment noch kaum jemand beachtet, sagt Lundt. Heute haben sich Blohm + Voss, Lürssen oder Abeking & Rasmussen auf dem Weltmarkt einen Namen gemacht. Die Auftraggeber für die Megayachten bleiben meist geheim. So nennt Blohm + Voss Verschwiegenheit als wichtigsten Erfolgsfaktor für ein erfolgreiches Geschäft mit den reichen Bestellern, die 50 Mio. Euro und mehr ausgeben.

Die Arbeitsgemeinschaft Deutsche Yachten schätzt den Branchenumsatz einschließlich Reparaturen, Ersatzteilen und Versicherungen auf rund 1 Mrd. Euro in diesem Jahr. Für weitere 2,2 Mrd. Euro stünden noch Aufträge für Superyachten in den Büchern deutscher Schiffbauer, sagt die Arbeitsgemeinschaft – auch das könnten aber wegen der Geheimhaltung nur Vermutungen sein.

Die großen Schwestern der Yachten, die Kreuzfahrtschiffe, werden schon lange auf deutschen Werften gebaut. Fernab der See hat sich die Meyer Werft in Papenburg auf Schiffe spezialisiert, die Platz für bis zu 2850 Passagiere bieten. Im Herbst 2008 wird Meyer das erste Schiff der Post-Panamax-Klasse die schmale Ems hinab zur Nordsee überführen – solche Schiffe passen wegen der Breite nicht durch den Panamakanal.

Zitat:

„Die Ertragslage hatsich verbessert, abernicht wesentlich“ – Werner Lundt, VSM –

Katrin Berkenkopf

Quelle: Financial Times Deutschland

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