Entscheidung zum Jahresende · Vorstandschef von Bomhard unzufrieden mit dem Frankreichgeschäft · Preise stabil
VON Herbert Fromme, Monte Carlo Der Rückversicherer Münchener Rück will Ende des Jahres eine Entscheidung über ein mögliches Aktienrückkaufprogramm fällen. „Bis Oktober haben wir eine Planungsphase“, sagte Konzernchef Nikolaus von Bomhard in Monte Carlo. Er kündigte auch an, dass der Rückversicherer bei der Deckung von Kraftfahrzeugrisiken in Frankreich ab 2007 härter vorgehen will, weil Langfristschäden zu hohen Verlusten führen. Bei den Preisen sieht von Bomhard keine dramatischen Entwicklungen nach unten.
Beim jährlichen Weltrückversicherungstreffen sagte von Bomhard, die von der EU geplanten neuen Eigenkapitalregeln – bekannt als Solvency II – würden zu einem niedrigeren Eigenkapitalbedarf der Münchener Rück führen. Das überschüssige Kapital werde man entweder für einen Aktienrückkauf oder den Geschäftsausbau nutzen. Dazu könne auch der Zukauf von Unternehmen gehören, allerdings nur im Erstversicherungsgeschäft, nicht in der Rückversicherung. „Das hängt von den Gelegenheiten ab, die sich bieten.“ Kein Interesse hat die Münchener Rück an einer Übernahme der Scottish Re. Der Bermuda-Rückversicherer hat große Probleme und sucht einen Investor. „Scottish Re besteht aus lauter übernommenen Portfolios, und die haben wir alle schon einmal gesehen.“
Der Konzern werde als Puffer immer rund 1 Mrd. EuroEigenkapital mehr vorhalten als nötig nach Solvency II, so von Bomhard. Außerdem sei entscheidend, ob die Rating-Agenturen die Kapitalanforderungen ähnlich sähen wie die Münchener Rück oder nicht. „Wir würden keinen Aktienrückkauf durchführen, wenn das unsere Rating-Verbesserung gefährden würde“, sagte er. Standard & Poor’s hatte den Konzern im August 2003 von „AA-“ auf „A+“ herabgestuft. Er versucht seither, eine bessere Bewertung von der Agentur zu erhalten. Für Rückversicherer ist die Qualität des Ratings geschäftsentscheidend. Ihre Kunden, die Erstversicherer, kaufen mit Rückversicherungsverträgen vor allem finanziellen Schutz bei hohen Schäden ein. Die Finanzstärke des Rückversicherers ist dabei das zentrale Argument.
Unzufrieden zeigte sich von Bomhard mit den Ergebnissen in der Autoversicherung in bestimmten Märkten, vor allem in Frankreich. „Da haben wir in den letzten 15 Jahren eine Hyperinflation erlebt“, sagte er. Der Schadenaufwand nehme dramatisch zu. „Wir erleben zunehmend, dass Schäden sehr spät noch teurer werden. Gerichte öffnen Fälle nach 28 oder 29 Jahren neu“, sagte er. Dabei gebe es keine einheitlichen Grundsätze, wie hoch der Schadensersatz für Unfallopfer sei. „Die Autos werden sicherer. Das heißt, es gibt weniger Todesopfer, aber mehr Schwerverletzte.“ Die lebten wegen des medizinischen Fortschritts jetzt länger. Dazu kämen kräftig steigende Behandlungskosten und eine andere Anspruchsmentalität.
Ab Mitte 2007 will der zweitgrößte Rückversicherer der Welt in Frankreich die Bedingungen für seine Rückdeckungsverträge ändern. Eine Möglichkeit sei die Einführung einer Obergrenze für Spätschäden, eine andere die zwangsweise Abwicklung von Rückversicherungsverträgen nach einer bestimmten Anzahl von Jahren – dann erhält der Kunde die beim Rückversicherer noch bestehenden Schadenrückstellungen, der Rückversicherer hat keinerlei Leistungsverpflichtungen mehr. Beide Maßnahmen würden dazu führen, dass die Erstversicherer, die die Endkunden versichern, auf den entstandenen Schäden vollständig sitzen bleiben würden.
„Wir wollen die Belastung zwischen Erst- und Rückversicherer anders aufteilen“, sagte von Bomhard. Es gehe dabei darum, auch bei den Erstversicherern genügend Druck zu machen, damit sich in der französischen Gesetzgebung etwas ändere. Makler bezweifeln, dass sich die Münchener Rück mit diesem Plan durchsetzt. „Es gibt ausreichend Kapazität, genügend Rückversicherer bieten ihre Deckung an“, sagte Vincent Redier von Aon France. Redier sagte, es gebe aber tatsächlich ein Problem in Frankreich, das gelöst werden müsse.
Von Bomhard sieht keine weitreichenden Preissenkungen im Rückversicherungsmarkt. Wenn es um die Abdeckung von Katastrophenschäden gehe, seien Erhöhungen von 100 Prozent und mehr durchgesetzt worden. Auch in anderen Bereichen seien die Preise nach wie vor risikoadäquat. Zwar gebe es Preisdruck, etwa in der industriellen Sachversicherung, aber bei der Haftpflicht sei dieser Druck schon wieder geringer geworden.
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Im Zentrum von Monte Carlo hält ein Rolls-Royce vor dem Hotel de Paris. Das Nobelhotel ist in diesen Tagen einer der zahlreichen Treffpunkte der Rückversicherer – Rainer Unkel; Getty Images
Quelle: Financial Times Deutschland
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