Weltmarktführer nimmt private Krankenversicherer in Rückdeckung · Übernahme von GE Insurance läuft nach Plan
VON Herbert Fromme, Monte Carlo D er Rückversicherer Swiss Re nimmt die Rückdeckung von privaten Krankenversicherern (PKV) auf und beendet damit seine prinzipielle Abstinenz in diesem Feld. Das sagte Konzernchef Jacques Aigrain im FTD-Interview. „Wir werden in China und Indien beginnen“, sagte er. Der Weltmarktführer in der Rückversicherung habe ein spezielles Team aufgebaut und von außen Fachleute angeworben. Auch in den USA könne das Geschäft profitabel betrieben werden. In Europa dagegen seien die sozialen Sicherungssysteme zu gut ausgebaut.
Jahrelang hatte die Swiss Re es abgelehnt, Rückdeckung für die PKV zu bieten. Das Management nannte politische und moralische Probleme, die aus einer solchen Deckung entstehen könnten – vor allem den Widerspruch zwischen teuren Leistungsansprüchen von kranken Kunden wegen des medizinischen Fortschritts und den naturgemäß begrenzten Mitteln eines Versicherers.
Aigrain, der seinen Posten Anfang 2006 antrat, ist anderer Auffassung. Das hat auch mit dem Konkurrenten Münchener Rück zu tun. „Sie hat schon ein ordentliches Geschäft, wir stehen bei null“, sagte er. „Die Münchener Rück hat vieles von ihrem eigenen privaten Krankenversicherer gelernt.“ Die Swiss Re werde deshalb aber kein PKV-Unternehmen kaufen.
In China gebe es eine breite Mittelklasse mit schlechter sozialer Versorgung, die an privater Krankenversicherung interessiert sei. „Für einen Rückversicherer ist das attraktiv.“ Das Geschäft werde zeitlich begrenzt betrieben, „es kann sogar um jährlich erneuerbare Verträge mit Erstversicherern gehen“. Rückversicherer sorgen dafür, dass Erstversicherer – die mit Endkunden Verträge schließen – gegen besondere Risiken wie Änderungen der durchschnittlichen Lebenserwartungen, Epidemien und andere Probleme abgesichert sind. Außerdem helfen die Rückversicherer den Kunden, das Geschäft zu finanzieren.
In den Vereinigten Staaten untersuche Swiss Re die Chancen in der privaten Krankenversicherung. „Manche meiner Kollegen sagten, man kann das nicht rückversichern. Ich glaube das nicht so einfach.“ Einige der privaten Krankenversicherer in den USA gehörten zu den profitabelsten Unternehmen. „Wir werden bei alledem extrem vorsichtig sein“, sagte Aigrain. Schließlich habe sich der Markt in ähnlichen Geschäften Anfang der 90er Jahre die Finger verbrannt.
Rückdeckung für die lebenslange private Versicherung nach deutschem Muster will Swiss Re nicht bieten. Europa sei vor allem interessant für Policen mit einer Barauszahlung bei schweren, vorher definierten Erkrankungen.
Aigrain sagte, der Vorstoß in die Rückversicherung von Krankheitsrisiken sei Teil der Strategie, die Geschäftsfelder auszuweiten und zu diversifizieren. Dazu gehört auch ein Angebot, Lebensversicherungsverträge mit variablen Zinssätzen rückzudecken.
Die Übernahme des Rückversicherers GE Insurance Solutions (GEIS) laufe nach Plan, sagte der Konzernchef weiter. Die Einsparungen würden die geplanten 300 Mio. $ pro Jahr übertreffen. Der Schritt soll insgesamt knapp 2000 Arbeitsplätze kosten, zur Verteilung auf die einzelnen Länder äußerte sich Aigrain nicht.
Die Übernahme von GEIS werde von den Kunden eher positiv aufgenommen, sagte er. Ursprünglich hatte Swiss Re die Befürchtung, bis zu 30 Prozent des Geschäfts der GEIS könnten wegen der Übernahme verloren gehen, weil die Kunden bei ihrer Rückversicherung auf Diversifizierung achten und nicht zu viel an eine Gesellschaft geben wollen. „Das ist bisher nicht eingetreten, in der Vertragserneuerung zum 1. Juli 2006 haben wir 91 Prozent behalten.“ Aber erst die deutlich wichtigere Erneuerung zum 1. Januar 2007 werde genauen Aufschluss bringen.
Die Konkurrenz von Bermuda-Rückversicherern fürchtet Aigrain nicht. Sie suchen in Europa nach Geschäft, um ihre US-lastigen Bestände zu diversifizieren. „Wir arbeiten mit den großen Erstversicherern in Europa zusammen. Sie brauchen ein breites Deckungsangebot, kleinere Anbieter nutzen ihnen wenig“, sagte er.
Zitat:
„Wir werden bei alledem extremvorsichtig sein“ – Jacques Aigrain, Swiss-Re-Chef –
Bild(er):
Ein Bein im Gesundheitsmarkt:Weltmarktführer Swiss Re will künftig mit Krankenversicherern zusammen arbeiten – Caro/Kaiser; Okapia/Manfred Uselmann/darchinger.com/FTD-Montage; AP/Alessandra della Bella
www.FTD.de/versicherungen
Quelle: Financial Times Deutschland
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