BaFin kritisiert Vorschüsse an Vertreter · Vertrieb beantragt Lizenz zur Kreditvergabe
Von Herbert Fromme, Köln Der Wieslocher Vertrieb MLP Finanzdienstleistungen wird noch in dieser Woche die Erlaubnis für das Betreiben des Kreditgeschäfts beantragen. Entsprechende Informationen der FTD bestätigte ein Sprecher. Damit kommt MLP einer Untersagungsverfügung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zuvor.
In Finanzkreisen hieß es, die BaFin habe MLP gedroht, die Kreditvergabe an die eigenen Vertreter zu verbieten, wenn das Unternehmen nicht einen entsprechenden Antrag stelle. Der Grund: Bisher handele es sich um unerlaubte Kreditvergabe. Die BaFin wollte nicht Stellung nehmen. Ein MLP-Sprecher sagte, man habe nach wie vor eine andere Rechtsauffassung und betrachte die Zahlungen als gängige Handelsvertreter-Vorschüsse, habe sich aber jetzt mit der BaFin einvernehmlich auf eine Lösung geeinigt.
Die Entscheidung hat weitreichende Auswirkungen für die Finanzbranche. Viele Vertriebe und Gesellschaften zahlen neuen Vertretern zu Beginn ihrer Tätigkeit eine Pauschale. In der Regel handelt es sich aber nicht um ein Gehalt, sondern um einen Provisionsvorschuss, den der Vertreter später zurückzahlen muss. Kritiker behaupten, die Verschuldung von Vertretern beim eigenen Unternehmen sei ein Instrument zur Verkaufsförderung.
MLP verkauft über freie Handelsvertreter Versicherungen und andere Finanzprodukte. Die 2600 Vertreter schulden dem Unternehmen knapp 30 Mio. Euro. 2003 und 2004 lag die Summe sogar bei 70 Mio. Euro. Scheidet ein Vertreter aus, verlangt MLP Rückzahlung. Die Wiesbadener Anwältin Heidrun Jakobs sagte, vielen neuen MLP-Vertretern sei nicht klar, dass es sich bei den Zahlungen während der ersten Monate um ein Darlehen handele. „Das wird erst sehr spät mitgeteilt“, sagte Jakobs. Das wird sich jetzt, wenn die Zahlungen auch rechtlich klar als Darlehen deklariert werden müssen, wahrscheinlich ändern.
Jakobs vertritt Ex-MLP-Mitarbeiter, die dem Unternehmen zwischen 5000 Euro und 50 000 Euro schulden. „In den meisten Fällen kommt es zum Vergleich“, sagte sie. Kaum ein Mandant habe die Mittel für einen längeren Prozess.
Die BaFin mahnt seit Jahren an, dass der Vertrieb seine Praxis ändert oder eine Erlaubnis für das Kreditgeschäft beantragt. Darüber habe es „konstruktive Diskussionen“ mit der BaFin gegeben, sagte der MLP-Sprecher. Das Unternehmen habe Optionen gehabt – wie die Nutzung der MLP-Bank -, sich aber für den Antrag durch die Vertriebsgesellschaft MLP Finanzdienstleistung entschieden.
MLP nutzte die jahrelange Zurückhaltung der Aufsicht als juristische Waffe. In einem Schriftsatz von MLP-Anwälten an das Oberlandesgericht Frankfurt heißt es: „Insbesondere weil die BaFin es unterließ, ihre Rechtsauffassung etwa in einem widerspruchsfähigen Verwaltungsakt zu begründen, durften die Organe der Klägerin (…) davon ausgehen, dass die Vorschusspraxis keinesfalls eine Erlaubnis zum Betreiben des Kreditgeschäfts voraussetzt.“ Derartig von MLP vorgeführt, reagierte die Aufsicht jetzt mit der Drohung der Untersagungsverfügung.
Ein Sprecher des Konkurrenzunternehmens AWD erklärte, solche Vorschüsse – die auch AWD zahlt – würden nach Unternehmensansicht durch das geltende Recht gedeckt. Sollten die Behörden zu anderen Auffassungen kommen, werde AWD sein Vorgehen anpassen.
Zitat:
„In den meisten Fällen kommt es zu einem Vergleich“ – Anwältin Heidrun Jakobs –
Bild(er):
MLP-Chef Uwe Schroeder-Wildberg muss sich mit der BaFin arrangieren, um einem Verbot der Kreditvergabe an Vertreter zu entgehen
www.ftd.de/bafin-mlp
Quelle: Financial Times Deutschland
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