Europäischer Gerichtshof billigt Austausch von Kundendaten zwischen Banken und Versicherern
VON Herbert Fromme, Köln,und Rolf Lebert, Frankfurt Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einer weit reichenden Entscheidung den Datenaustausch zwischen Finanzdienstleistern über Kunden gestattet. Verbraucherschützer, die daraus Nachteile für Bankkunden befürchteten, erlitten eine Niederlage. Ein solcher Austausch über die Kreditwürdigkeit breche nicht das europäische Kartellrecht, urteilten die Richter in einer gestern veröffentlichten Entscheidung.
Das Urteil bestätigt die Rechtmäßigkeit von Informationssystemen wie Schufa oder Creditreform. „Auch Betrugsbekämpfungssysteme der deutschen Versicherer, die Missbrauch und Betrug bei der Vertragsanbahnung oder Schadenregulierung erfassen, sind dadurch erfasst“, sagte Holger Stappert, Rechtsanwalt im Kölner Büro der Großkanzlei Freshfields Bruckhaus Derringer.
Ausgangspunkt war ein Streit zwischen der spanischen Bankverbrauchervereinigung Ausbanc und dem Unternehmen Asnef-Equifax. Es betreibt einen Informationsdienst für Banken, in dem sie sich mit Daten über die Kreditwürdigkeit von Kunden versorgen können. Ausbanc gewann den Fall vor dem Nationalen Obergericht, der Audiencia Nacional, das urteilte, ein solches Informationsregister behindere den freien Wettbewerb und dürfe nicht vom Kartellverbot ausgenommen sein. Das höchste Gericht Tribunal Supremo legte den Disput dem EuGH vor.
Solche Register verringerten die Ausfallquote und erhöhten den Wirkungsgrad des Kreditangebotes insgesamt, argumentierten nun die Richter. Das Informations-Ungleichgewicht zwischen Bank und Kunde werde reduziert. Ohne das Register erhöhe sich das Ausfallrisiko. Größere Ausfallrisiken würden tendenziell in die Kreditkosten aller Kreditnehmer einbezogen, also auch solcher, die ein niedrigeres Risiko aufweisen, so der EuGH. Deshalb verringere das Register das Risiko einer allgemeinen Preiserhöhung und führe zu adäquateren Bewertungen. Das Gericht ging noch weiter: Das Register erleichtere neuen Wettbewerbern den Markteintritt, weil sie die Ausfallrisiken besser einschätzen können, und sei daher wettbewerbsfördernd.
Der EuGH stellte drei Kriterien für die Prüfung auf, ob solche Dateien wettbewerbswidrig sind: Der Markt muss ausreichend zersplittert sein, die Identität von Kreditgebern darf aus dem Register nicht hervorgehen, und alle Kreditgeber müssen Zugang haben. Das Gericht stellte fest, es komme nicht darauf an, dass einzelne Kunden höhere Zinsen zahlen müssten, sondern lediglich darauf an, dass das Register für die Gesamtheit vorteilhaft sei.
Das Urteil bedeutet eine willkommene Entlastung für Organisationen wie die Schufa, die wachsender Kritik an der Intransparenz ihres Datenbestandes ausgesetzt war. Inzwischen hat sie dem dadurch Rechnung getragen, dass auch Privatleute die über sie gespeicherten Daten abrufen können.
Nach Ansicht von Anwalt Stappert erfüllen die Betrugsbekämpfungssysteme der deutschen Versicherer alle Kriterien des EuGH-Urteils. „Ein solches Register verbessert die Möglichkeit, risikoadäquate Versicherungsprämien zu berechnen. Dies wirkt in der Tendenz prämiensenkend, wenn auch einzelne Versicherungsnehmer höhere Prämien zahlen müssen. Newcomern wird der Markteintritt erleichtert.“
www.ftd.de/daten
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Datenaustausch im Finanzsektor
Quelle: Financial Times Deutschland
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