Allianz-Leben-Chef Zimmerer verlangt Änderungen am Versicherungsvertragsgesetz · Justizministerium verteidigt den Regierungsentwurf
VON Patrick Hagen, Münster Die Versicherungswirtschaft verlangt Nachbesserungen in zentralen Punkten des neuen Versicherungsvertragsgesetzes. „Am schwersten zu schlucken sind sicherlich die garantierten Rückkaufswerte“, sagte Allianz-Leben-Chef Maximilian Zimmerer am Samstag bei einer Fachveranstaltung der Universität Münster. Die garantierten Rückkaufswerte ließen sich nicht dauerhaft durchhalten. Kunden könnten bei steigenden Zinsen kündigen, um in höher verzinsliche Anlagen zu investieren, sagte Zimmerer.
Die Bundesregierung hat ihren Entwurf bereits in den Bundestag eingebracht und plant eine rasche Verabschiedung. Das neue Versicherungsvertragsgesetz ersetzt das bestehende aus dem Jahr 1908 und soll 2008 in Kraft treten.
Durch die garantierten Rückkaufswerte steige das Risiko, dass Kunden finanziell rational handeln, was bisher kaum der Fall sei, sagte Zimmerer, der auch Vorsitzender des Fachausschusses Lebensversicherung im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft ist. Außerdem sei der Sekundärmarkt für Lebensversicherungspolicen deutlich wichtiger geworden. Anbieter wie Cash Life würden die garantierten Rückkaufswerte bei steigenden Zinsen ebenfalls einlösen, befürchtet er.
Insgesamt ist Zimmerer aber mit dem Gesetzentwurf zufrieden. „In toto ist es eine gute Reform geworden“, sagte er. Die wesentlichen Vorschläge der vom Justizministerium eingesetzten Reformkommission seien im Entwurf verankert.
Für Aufregung in der Branche hatte vor allem die Beteiligung der Kunden an den stillen Reserven gesorgt, die nach dem Referentenentwurf vom März alle zwei Jahre festgeschrieben werden sollte. Das hat das Justizministerium entschärft. Im Regierungsentwurf heißt es jetzt, dass die Beteiligung erst mit der Auszahlung bei Vertragsende festgeschrieben wird. „Die Regelung ist für die Versicherungswirtschaft tragbar“, sagte Zimmerer. Allerdings wandte er sich dagegen, dass auch stille Reserven aus festverzinslichen Wertpapieren eingerechnet werden sollen.
Stille Reserven entstehen, wenn der Marktwert von Wertpapieren oder anderen Anlagen höher ist als der Wert, mit dem sie in der Bilanz stehen. Läuft der Vertrag ab oder kündigt der Kunde, muss der Versicherer ihm zusätzlich zur Überschussbeteiligung die Hälfte dieser Reserven auszahlen. Das Bundesverfassungsgericht hatte vom Gesetzgeber verlangt, eine angemessene Beteiligung der Kunden an den stillen Reserven zu garantieren.
Die Lebensversicherer haben laut Zimmerer 80 Prozent bis 90 Prozent ihrer Kapitalanlagen in festverzinslichen Papieren angelegt. Stille Reserven aus festverzinslichen Anlagen entstehen, wenn die Zinsen sinken. Es handele sich aber nur um zeitweilige stille Reserven, sagte Zimmerer. Am Ende der Laufzeit der Papiere gebe es die Reserven nicht mehr.
Ein weiterer Punkt im Gesetzentwurf der Bundesregierung, den die Versicherer nicht akzeptieren, ist die Neuregelung der vorvertraglichen Anzeigepflichten. Beim Abschluss einer Lebens-, Kranken- oder Berufsunfähigkeitsversicherung müssen die Versicherer in Zukunft konkrete Fragenkataloge vorlegen. Bei falschen Angaben des Kunden kann der Versicherer nur noch binnen fünf Jahren vom Vertrag zurücktreten. Arglistig gemachte Falschangaben verjähren nach zehn Jahren. „Das ist keine gute Tendenz“, sagte Zimmerer. Bei der Allianz wäre nach den neuen Kriterien nur bei einem Drittel von 5000 Fällen ein Rücktritt möglich. „Es muss gewährleistet sein, dass der Kunde die Folgen zu tragen hat, wenn er nicht alle Angaben macht.“
In der Veranstaltung kam es zu einem lebhaften Schlagabtausch zwischen dem Anwalt Theo Langheid und Volker Schöfisch, Referatsleiter im Justizministerium. Der Fachjurist Langheid, der in der Regel für die Assekuranz tätig ist, hatte als Mitglied der von der Regierung eingesetzten Fachkommission den ersten Entwurf des neuen Gesetzes mit erarbeitet.
Langheid bemängelte zahlreiche Punkte des Regierungsentwurfs und erklärte, allein die neuen Informationspflichten in der Lebensversicherung bedeuteten Umstellungskosten von 800 Mio. Euro für die Assekuranz. Schöfisch antwortete, rund 80 Prozent des Regierungsentwurfs stimmten mit dem Text der Kommission überein. Ein großer Teil der Kosten wäre den Versicherern auch bei einer kompletten Übernahme des Kommissionsentwurfs entstanden.
Bild(er):
Rund die Hälfte aller Lebensversicherungskunden kündigt ihre Verträge vor Ablauf, um ans Ersparte zu kommen. Künftig sollen sie mehr zurückbekommen als bisher – Imago/bonn-sequenz
Quelle: Financial Times Deutschland
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