Unternehmen nutzen Nähe zum niederländischen Markt
Von Patrick Hagen Wer die Firma Solland Solar telefonisch erreichen will, hat die Wahl zwischen zwei Nummern – einer mit deutscher und einer mit niederländischer Vorwahl. Auch auf dem Postweg ist der Solarzellenhersteller über Adressen in Aachen und in Heerlen zu erreichen. Möglich macht das der Firmensitz auf der deutsch-niederländischen Grenze im Gewerbepark Avantis, der zu 60 Prozent in Nordrhein-Westfalen und zu 40 Prozent in den Niederlanden liegt.
Firmen, die sich hier niedergelassen haben, können sich ihre Steuerzugehörigkeit aussuchen. Neben Solland Solar sind das zurzeit 14 Unternehmen, große Teile des 100 Hektar umfassenden Gebiets sind noch unbebaut. Hier sei Platz für bis zu 200 Firmen, schätzt Avantis-Geschäftsführer René Seijben. Angesichts der guten Wirtschaftslage ist er optimistisch, dass das Gelände in einigen Jahren ausgelastet sein wird.
Nordrhein-Westfalen und die Nachbarländer Belgien und Niederlande sind eng vernetzt. Kommunen im Grenzgebiet haben sich zu sogenannten Europaregionen (Euregios) vereint, um die Zusammenarbeit zu verbessern. Täglich überqueren nach Angaben des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministeriums 22 000 Arbeitnehmer die Grenzen innerhalb der Euregio Maas-Rhein. Die Mehrzahl der Pendler fährt aus Belgien oder den Niederlanden nach Deutschland.
Besonders eng ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Niederlanden. Der westliche Nachbar ist nach Angaben der Deutsch-Niederländischen Handelskammer (DNHK) mit einem Volumen von 34 Mrd. Euro der wichtigste Handelspartner Nordrhein-Westfalens.
Klischee vom liberalen Holland
Mit 16 Millionen Einwohnern sind die Niederlande ein interessanter Markt für deutsche Produkte. Auch die Hoffnung auf Steuervorteile und weniger Bürokratie zieht viele deutsche Unternehmer in das Nachbarland. „Das Klischee vom liberalen Holland ist oft die erste Motivation für eine Niederlassung“, sagt Wolfgang Schindel von der Servicestelle des Euregio Business Network. Im Einzelfall könne es zwar Steuervorteile geben, und auch Genehmigungsprozesse könnten schneller ablaufen. Das müsse aber nicht zwangsläufig so sein, warnt er. Schindel berät vor allem kleine und mittlere Unternehmen aus dem Grenzgebiet zwischen Mönchengladbach und Krefeld. Die Servicestelle finanziert sich über Fördergelder der EU sowie des niederländischen und nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministeriums.
Wichtiger als Steuervorteile sei der niederländische Markt, sagt DNHK-Geschäftsführer Axel Gerberding. Die DNHK unterstützt Unternehmen, etwa indem sie Kontakte vermittelt und bei Rechtsfragen hilft. „Die typischen Probleme sind oft rechtlicher Natur“, sagt Gerberding. Auch kulturelle Unterschiede sind mögliche Fallstricke. Wer nicht weiß, dass vor Verhandlungen gemeinsam Kaffee getrunken wird, man schnell beim Du landet und Geschäftspartner trotz Vertrags eine gewisse Flexibilität erwarten, bekommt Probleme. „Die Niederländer legen mehr Wert auf persönlichen Kontakt und sind in Verhandlungen konsensorientierter“, sagt Gerberding.
Quelle: Financial Times Deutschland
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