Mit neuer Energie an die Spitze preschen

Nordrhein-Westfalen, das Mutterland der Kohle, ist europaweit führend, wenn es um die Entwicklung regenerativer Energietechnik geht. Bald nimmt hier das erste solarthermische Kraftwerk Deutschlands seinen Betrieb auf dsfgsd fs

VON Patrick Hagen und Bülent Erdogan Auf einer Größe von drei Fußballfeldern soll in Jülich das Modell eines zukünftigen Exportschlagers entstehen: In den kommenden zwei Jahren wird hier das erste solarthermische Kraftwerk in Deutschland gebaut. Mit den bekannten Solarzellen, die Sonnenlicht direkt in Strom umwandeln, hat das Kraftwerk jedoch nichts zu tun. Ein großes Spiegelfeld soll die Sonnenstrahlen auf einen Turm bündeln, der mit einer speziellen Keramikbeschichtung versehen ist. Mit den entstehenden Temperaturen von bis zu 1000 Grad wird Wasserdampf erzeugt, der eine Turbine antreibt.

Die Zukunft von solarthermischen Kraftwerken liegt allerdings nicht in Deutschland. Da sie auf direkte Sonneneinstrahlung angewiesen sind, lassen sie sich nur in sonnenreichen Ländern wirtschaftlich nutzen. Das Kraftwerk wird zur Forschung und als Demonstrationsobjekt für mögliche Käufer gebaut. Eigentümer der Anlage werden die Stadtwerke Jülich sein.

Projekte wie das solarthermische Kraftwerk machen Nordrhein-Westfalen zu einem bedeutenden Forschungs- und Entwicklungszentrum für Zukunftsenergien. Das Land ist aber nicht nur als Standort für neue Energietechnologien EU-weit führend, sondern liegt auch in der konventionellen Stromerzeugung an der Spitze. Zwischen Weser und Ruhr wird fast ein Drittel des deutschen Stroms erzeugt und verbraucht. Ein Viertel der Beschäftigten der deutschen Energiewirtschaft arbeitet in NRW.

„NRW ist das Energieland Nummer eins in Deutschland und Europa“, sagt Manfred Fischedick, Vizepräsident des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt, Energie. Zwei der vier großen Energieversorger der Republik, Eon und RWE, haben ihre Zentralen in NRW. Eon, Deutschlands größter Stromversorger mit Sitz in Düsseldorf, kam im vergangenen Jahr auf einen Umsatz von 56,4 Mrd. Euro. Die in Essen ansässige RWE will den Umsatz in Höhe von 41,8 Mrd. Euro in diesem Jahr noch einmal um fünf bis zehn Prozent steigern. Bis 2012 möchte das Unternehmen 11 Mrd. Euro in neue Kraftwerke, in Ausbau und Modernisierung investieren. „Ein großer Teil davon entfällt auf NRW“, sagt RWE-Sprecherin Barbara Woydtke. In Grevenbroich-Neurath bei Neuss baut RWE zurzeit das modernste Braunkohlekraftwerk der Welt. „Bislang hat das Unternehmen hier Aufträge im Wert von rund 1,9 Mrd. Euro vergeben, jeweils zu ungefähr gleichen Teilen an Unternehmen in NRW und im übrigen Deutschland.“

Eon investiert 1,2 Mrd. Euro in ein neues Kraftwerk in Datteln, das 2011 mit einer Leistung von über 1000 Megawatt in Betrieb gehen soll. „Das ist derzeit unser Leuchtturmprojekt“, sagt Clemens Tauber von der für konventionelle Energien zuständigen Eon Kraftwerke in Hannover. Der Konzern betreibt bereits an sechs Standorten in NRW Kohlekraftwerke. Die Tochterfirma Eon Ruhrgas in Essen ist der größte Gasversorger Deutschlands.

Gute Zeiten also für die Stromgiganten. Bis auf das eine oder andere Malheur: Eon musste vor Wochen die Verantwortung für den Stromausfall in halb Europa übernehmen. Die Bundesnetzagentur zeigte sich mit der Erklärung des Stromkonzerns – menschliches Versagen – nicht zufrieden. Im vergangenen Jahr knickten im Münsterland etwa 50 Strommasten von RWE um und sorgten für tagelanges Dunkel. Eine Studie des Bundesamts für Materialforschung führte den Unfall auf unzureichende Sanierung der Masten zurück.

Das bevölkerungsreichste Bundesland spielt auch bei regenerativen Energien wie Windkraft und Solarenergie vorne mit. Laut NRW-Wirtschaftsministerium arbeiten 15 000 Beschäftigte in 2600 Firmen an der Entwicklung und dem Einsatz regenerativer Energietechnologien. Bei Paderborn in Ostwestfalen-Lippe steht der Windpark Lichtenau, mit 62 Anlagen und einer Leistung von 36 Megawatt einer der größten Binnenland-Windparks Europas. Insgesamt gibt es im Land 2400 Windkraftanlagen. „NRW ist bei der Windkraft der Binnenlandstandort Nummer eins“, sagt Fischedick vom Wuppertal-Institut. Nur Küstenländer wie Niedersachsen und Schleswig-Holstein nutzen die Windkraft mehr. Auch bei der Produktion von Solaranlagen sieht Fischedick das Land gut aufgestellt. „Da haben wir einige Kracher im Land“, sagt er mit Blick auf die Firmen Scheuten und Solarworld in Gelsenkirchen.

Solarworld betreibt in Gelsenkirchen eine der weltweit modernsten Fertigungsanlagen für Solarzellen und produziert hier jährlich etwa elf Millionen Solarzellen mit einer selbst entwickelten Dünnschichttechnik, die ohne das knapper werdende Silizium auskommt. Die Firma hat Anfang des Jahres das Solargeschäft von Shell übernommen und machte zur Jahresmitte mit einem rapiden Anstieg des Aktienkurses von sich reden.

Zitat:

“ „NRW ist das Energieland Nummer eins in Deutschland und Europa“ “ – Manfred Fischedick, Wuppertal-Institut –

Quelle: Financial Times Deutschland

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