Sechs Manager der Leasinggesellschaft unter Verdacht · Versicherer halten sich derzeit mit Klageabsichten zurück
Von Herbert Fromme, Köln Die Staatsanwaltschaft München weitet ihre Ermittlungen wegen Versicherungsbetrugs gegen das Leasingunternehmen Arval aus. Die Behörde hat Versicherern, die Arval-gemanagte Fahrzeuge abgedeckt hatten, Fragebögen über die Geschäftspraktiken des Unternehmens zugeschickt. Außerdem ermittelt die Behörde nicht mehr allein gegen Arval und Geschäftsführer Tero Tapala, sondern gegen fünf weitere Manager. Über den Stand der Ermittlungen wollte die Staatsanwaltschaft keine Einzelheiten nennen. „Sie dauern noch an“, sagte ein Sprecher der Financial Times Deutschland.
Arval ist eine Tochter der französischen Großbank BNP Paribas. Das Unternehmen versteht sich als herstellerunabhängiger Leasinganbieter für Kunden, die Firmenwagen und Dienstfahrzeuge ohne eigene Verwaltung benötigen.
Zu Arvals Dienstleistungen gehören die Versicherung sowie die Abwicklung der Reparaturen nach Unfällen. Arval Deutschland kam Mitte 2006 auf einen Bestand von 35 000 Fahrzeugen. Das Unternehmen betreut unter anderem die Flotten von IBM Deutschland und Tyco. Die Münchner Staatsanwälte gegen davon aus, dass Arval mit Werkstätten Vereinbarungen über Rabatte geschlossen hatte. Die kamen bei Unfallreparaturen allerdings nicht den betroffenen Versicherern zugute, sondern Arval.
Im Schreiben der Staatsanwaltschaft an die Versicherer heißt es: „Nach dem Stand der bisherigen Ermittlungen wurden von den Verantwortlichen der Firma Arval den Kfz-Versicherern der Fahrzeuge der Firma Arval bei der Reparatur von Glas- und Karosserieschäden tatsächlich auf den jeweiligen Rechnungsbetrag von Reparaturwerkstätten gewährte Rabattzahlungen vorenthalten, um die Versicherungen über den tatsächlichen Rechnungsbetrag zu täuschen.“
Dazu wurden Rabatte nicht auf den Rechnungen vermerkt, die Arval bei den Versicherern einreichte, sondern per Gutschrift an das Unternehmen gegeben. Arval holte sich dann vom Versicherer den vollen Rechnungsbetrag, zahlte aber nur die Rechnung minus Gutschrift an Werkstatt oder Autoglaserei. „Teilweise (insbesondere im Vertragsverhältnis zu der Firma Carglass) wurden diese Gutschriften auch viertel- oder halbjährlich an die Firma Arval überwiesen“, fanden die Staatsanwälte heraus.
Beispielsweise schloss Arval einen Vertrag mit einer Karosserie- und Lackierfirma in Unterschleißheim. Im 2005 von beiden Seiten unterzeichneten Arval-Formblatt werden die Stundensätze von 83 Euro netto für allgemeine Arbeiten und 84 Euro für Lackierarbeiten festgelegt: „Das Vertragsunternehmen gewährt Arval einen Nachlass in Höhe von 20 Prozent auf Lohn, 20 Prozent auf Lack-Lohn, zehn Prozent auf Teile und zehn Prozent auf Lackmaterial“, heißt es darin.
Die Autospenglerei und Autolackiererei M. in Mannheim stellte Arval am 28. April 2006 netto 746,99 Euro für eine Unfallreparatur in Rechnung. Am selben Tag erhielt Arval von der Firma M. ein „Bearbeitungs- und Vermittlungshonorar“ zu der entsprechenden Rechnungsnummer in Höhe von 103,22 Euro separat gutgeschrieben.
Arval argumentiert, dass es sich um branchenübliche Geschäftspraktiken handele. Die Versicherungswirtschaft hält sich bisher zurück. Marktführer Allianz, der enge Geschäftsbeziehungen zu Arval unterhalten soll, lehnt jeden Kommentar ab. Nur vom US-Versicherer AIG ist bisher eine Klage bekannt. AIG verlangt mindestens 90 000 Euro und die Aufdeckung aller Rabatte von dem Leasingunternehmen – die geforderte Summe könnte dann noch deutlich höher ausfallen.
Die Zurückhaltung der übrigen Gesellschaften könnte mit dem heftigen Konkurrenzkampf unter den Autoversicherern zu tun haben. „Das Flottengeschäft bringt Volumen, das ist manchem Verantwortlichen wichtig“, sagte ein Versicherungsmanager. „Es ist keineswegs sicher, dass diese Praktiken auf Arval beschränkt waren.“ Die Versicherer wollten es sich aber nicht mit den Flottenbetreibern verderben, sagte er. „Da beißt mancher in den sauren Apfel und nimmt die Überzahlungen hin.“
Bild(er):
Ärger mit der Justiz: Die Leasingfirma Arval soll die Versicherer ihrer Fahrzeugflotten betrogen haben – Image State Alamy/FTD-Fotomontage
Quelle: Financial Times Deutschland
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