Internationales Verfahren zur Entschädigung beendet
Von Herbert Fromme, Berlin Überlebende der Konzentrationslager und Nachkommen von Holocaust-Opfern haben 102 Mio. $ an Entschädigungen für bisher nicht ausgezahlte Lebensversicherungspolicen deutscher Unternehmen erhalten. Die Zahl nannte Jörg Freiherr Frank von Fürstenwerth, Geschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Weltweit zahlte die federführende ICHEIC 306 Mio. $ aus. Das Verfahren endete damit gestern.
ICHEIC steht für International Commission on Holocaust Era Insurance Claims. Das ist ein Verein nach Schweizer Recht, dessen Mitglieder die Versicherer Allianz, Axa, Generali, Winterthur und Zürich sowie der niederländische Branchenverband, US-Versicherungsaufseher und jüdische Entschädigungsorganisationen sind. Er wurde 1998 nach heftigen Protesten jüdischer Organisationen gegen die zögernde Behandlung von Ansprüchen aus Policen gegründet.
Zuständig für die Koordination und Durchführung des Verfahrens in Deutschland waren GDV und die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“, die auch in der Entschädigung von Zwangsarbeitern in Osteuropa tätig ist.
Die deutsche Assekuranz habe eine besondere Verantwortung, sagte Frank von Fürstenwerth. Die Branche habe ähnlich wie die Banken dem Nazi-Regime sehr nahe gestanden. „Viele Versicherungsunternehmen waren nationalsozialistische Musterbetriebe“, sagte Frank von Fürstenwerth. Nach dem Krieg habe es zwar Entschädigungsverfahren gegeben, viele Policen blieben aber weiter unbezahlt. Zahlreiche Unternehmen hätten sich noch in den 70er-Jahren „äußerst unsensibel“ verhalten. „Da wurde vom Angehörigen eines Versicherten die Todesbescheinigung eines Vernichtungslagers eingefordert“, sagte er.
Für die jetzt abgeschlossenen Entschädigungen brachten alle deutschen Versicherer zusammen 281 Mio. Euro auf. ICHEIC forderte in Zeitungsanzeigen Anspruchssteller auf, sich zu melden. Insgesamt prüften der GDV und die 67 betroffenen Unternehmen 80 000 Anträge. Leistungen wurden an 8664 Opfer oder ihre Erben gezahlt, die insgesamt 11 399 Policen hielten. „Der durchschnittliche Betrag belief sich auf 9000 $ pro Police“, sagt Frank von Fürstenwerth. Die Mindestentschädigung betrug 3000 $.
Quelle: Financial Times Deutschland
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