Manipulationsverdacht bei WestLB

Händler zogen laut Insidern jahrelang Kurse künstlich nach oben · Strafanzeige gegen Ex-Mitarbeiter

VON Herbert Fromme, Tim Bartz Nina Luttmer, Düsseldorf, und Ute Göggelmann, Frankfurt Aktienhändler der WestLB stehen nach FTD-Informationen unter Verdacht, jahrelang die Schlusskurse der Vorzugsaktien von Metro, BMW und VW manipuliert zu haben. Damit hätten die Händler zumindest auf dem Papier hohe Gewinne im Eigenhandel der Bank erzielt und ihre Bonuszahlungen gesichert, sagten mit den Vorfällen vertraute Banker. Der in der vergangenen Woche gemeldete Tagesverlust von 100 Mio. Euro aus dem Handel mit VW-Aktien sei ein „Betriebsunfall“ in der Manipulationskette gewesen.

Die WestLB erstattete gestern Strafanzeige gegen zwei frühere Mitarbeiter und gegen unbekannt, unter anderem wegen möglicher Verstöße gegen das Wertpapierhandelsgesetz. Die beiden Mitarbeiter sind der Bereichsvorstand und der Managing Director, die beide am Montag vergangener Woche entlassen worden waren. „Wir können nicht ausschließen, dass neben der wiederholten Überschreitung von Limits von den beiden möglicherweise zusammen mit Dritten außerhalb der Bank wie auch immer geartete Absprachen zu Preisgestaltung und -eingabe getroffen worden sind“, sagte ein WestLB-Sprecher. Zu den Einzelheiten dieser möglichen Absprachen wollte er nichts sagen.

„Wir werden den Fall unter allen aufsichtsrelevanten Gesichtspunkten untersuchen und ihn aufklären“, sagte eine Sprecherin der Finanzaufsichtsbehörde BaFin.

Nach FTD-Informationen aus der Bank waren neben VW-Papieren vor allem Metro- und BMW-Aktien betroffen. Bei den so erzielten Gewinnen habe es sich überwiegend um Scheinerträge gehandelt: Die durch die Geschäfte aufgebauten Positionen seien zum größten Teil noch vorhanden. Müssten sie aufgelöst werden, werde ein tatsächlicher Verlust sichtbar. „Der Rückstellungsbedarf beläuft sich auf geschätzte 300 Mio. Euro“, sagte ein Experte innerhalb der WestLB.

Die Führung der Bank bestreitet das. „Es gibt heute keinen Rückstellungsbedarf“, sagte Chefjurist Michael Berghaus der FTD. Zu möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen der Affäre könne man nichts sagen.

Die Händler haben möglicherweise seit 2001 gegen Vorschriften der BaFin verstoßen. Bei Metro, BMW und VW deckte sich die Bank mit stimmrechtslosen Vorzugsaktien ein und verkaufte Stammaktien, die Stimmrechte haben. Aus der Entwicklung der Kursdifferenz, Spread genannt, sollte der Gewinn kommen. „Das ist ein normaler Vorgang, viele Banken machen das“, sagte ein WestLB-Banker.

Allerdings betrieben manche Händler der Bank das Geschäft in so großem Stil, dass sie Kurse hätten manipulieren können. „Die Händler sorgten jeden Abend bei der Aktien-Schlussauktion dafür, dass der Kurs der Aktien dem von der WestLB gewünschten Niveau entspricht“, sagte ein Banker. Weil das nur bei hohen Stückzahlen gelinge, sitze die Bank inzwischen auf großen Beständen von VW- und BMW-Vorzugsaktien.

Nach FTD-Informationen kauften auch befreundete Maklerhäuser Vorzugsaktien der drei Unternehmen, um einen regen Handel vorzutäuschen – zum Teil direkt von der WestLB. Später gaben sie die Papiere an die Bank zurück. Auch eine US-Bank soll durch Käufe behilflich gewesen sein, das Risiko sei per Option an die WestLB weitergegeben worden.

Nach der bei Metro und BMW auf dem Papier erfolgreichen Manier begannen die Händler 2006 bei VW. „Der Tagesverlust von 100 Mio. Euro stammt aus dem unglücklichen Umstand der Porsche-Offerte“, sagte ein Insider. Weil Porsche nur Stammaktien kaufte, wurde der Spread so groß, dass die Händler dagegen mit ihren Manipulationsversuchen nicht mehr angekommen seien.

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Quelle: Financial Times Deutschland

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