H äfen rüsten sich für weiteres Wachstum

Ein neues Konzept sieht das Zusammenspiel der verschiedenen Verkehrsträger vor · Marktspiegel Logistik bestätigt Bedeutung der Branche für Niedersachsen

Holz und Zellstoffe, Kohle, Windräder oder Autos – die niedersächsischen Häfen haben sich auf Güter konzentriert, für deren Umschlag in den großen Häfen wegen des Containerbooms kaum noch Platz ist. „Fenster für den Export“ nennt Michael Ahrens seine Häfen stolz. Als Geschäftsführer der Marketinggesellschaft Seaports of Niedersachsen repräsentiert er acht Seehäfen im Land.

Ahrens ist sehr zufrieden mit der wirtschaftlichen Entwicklung seiner Häfen: „Wir haben sogar einige Anfragen von Unternehmen aus Hamburg, die sich gerne in Stade ansiedeln möchten“, sagt er. Und auch die Zukunftsperspektiven sind gut. Im gerade vorgestellten niedersächsischen Hafenkonzept heißt es, dass die bisherigen Prognosen zur Umschlagsentwicklung deutlich zu niedrig seien.

Zusammen schlugen die niedersächsischen Seehäfen im vergangenen Jahr 63,7 Millionen Tonnen um. Das war zwar ein Rückgang gegenüber 2005, der allerdings in erster Linie daher rührt, dass Wilhelmshaven als weitaus größter Hafen im Verbund schwächelte. Der wichtigste Anlandeplatz für Rohöl in Deutschland fiel wegen Wartungsarbeiten eineinhalb Monate lang aus.

In Zukunft wird Wilhelmshaven weniger abhängig sein vom Ölimport, denn 2010 eröffnet hier ein neuer Containerterminal. Die Planer des Projekts Jade-Weser-Port erhielten Mitte März den langersehnten Planfeststellungsbeschluss. „Ende des Jahres soll es losgehen“, sagt John Niemann, Präsident der Wilhelmshavener Hafenwirtschaftsvereinigung. 120 Hektar zusätzliche Fläche werden für den Terminal aufgespült. Weitere 175 Hektar werden angrenzend für weitere Logistikdienstleistungen wie Lager oder das Packen von Containern zur Verfügung stehen.

Wenn Niemann die weiteren laufenden Projekte wie beispielsweise den Terminal für verflüssigtes Erdgas, die Modernisierung der Raffinerie oder die Ausbaupläne des Chemiekonzerns Ineos aufzählt, wird ziemlich schnell klar, dass in den nächsten Jahren noch einige Milliarden an Investitionen in den Standort fließen könnten.

Allerdings wird die Deutsche Bahn mit der Elektrifizierung der Bahnstrecke wohl nicht rechtzeitig zum Startschuss für den neuen Containerterminal fertig. Für Niemann ist das kein Grund zur Sorge: „Es wird kein Problem sein, die zusätzlichen Mengen abzufahren.“ Das gelte nicht zuletzt deshalb, weil die Autobahn direkt bis in den Hafen führe.

Das neue Hafenkonzept spricht zwar von einer angestrebten Verlagerung von Transporten auf das Wasser, stellt aber auch klar, dass eine Zusammenarbeit aller Verkehrsträger nötig ist. „Die Häfen sind dabei die Schnittstelle“, sagt Ahrens. Ausdrücklich fordert das Konzept mehr Kooperation mit den Binnenhäfen. „Das begrüßen wir. Sie haben lange ein Schattendasein geführt.“ Im Hinterlandverkehr der niedersächsischen Seehäfen haben Binnenschiff, Bahn und Lkw einen Anteil von jeweils ungefähr einem Drittel.

Wirtschaftsminister Walter Hirche hat den Seaports of Niedersachsen außerdem finanzielle Unterstützung für die nächsten vier Jahre zugesagt. Nicht nur das freut Ahrens. „Endlich haben wir ein richtiges Logistikkonzept. So etwas gibt Rückenwind, nicht zuletzt bei Politikern im Binnenland.“

Wie wichtig die Logistik für das Land ist, bewies nicht zuletzt der „Marktspiegel Logistik“, den der Wirtschaftsminister im vergangenen Herbst präsentierte – der erste dieser Art in Deutschland. Rund 250 000 Menschen sind demnach in der Branche beschäftigt. Zwischen 2000 und 2005 flossen etwa 2 Mrd. Euro in neue Logistik- und Distributionszentren. Davon profitierten vor allem Hannover, Osnabrück, die Grafschaft Bentheim sowie die nördlichen Teile der Kreise Diepholz und Verden.

Der Marktspiegel zeigt laut Oliver Schrader von der Logistikinitiative Niedersachsen aber auch, dass für die Qualifizierung der Beschäftigten mehr getan und für die Jobs mehr geworben werden müsse. Noch immer verbänden die meisten Menschen Berufsbilder in der Logistik vor allem mit Truckern und Lagerarbeitern, sagt Schrader. „Fast niemandem ist bekannt, dass dahinter auch IT-Berufe stecken und Akademiker gefragt sind.“ Und die will man nach Niedersachsen locken.

Zitat:

“ „Endlich haben wir ein richtiges Logistikkonzept. So etwas gibt Rückenwind“ “ – Michael Ahrens, Geschäftsführer von Seaports of Niedersachsen –

Bild(er):

Schlepper bugsieren einen Öltanker zum Pier der Nord-West Oelleitung (NWO) in Wilhelmshaven. Die NWO-Anlage gilt als Deutschlands wichtigster Mineralölumschlagplatz – picture-alliance/dpa

Katrin Berkenkopf

Quelle: Financial Times Deutschland

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