Gemeinschaftsunternehmen mit Zurich soll selbst Risiken tragen · R+V unterliegt in Verhandlungen
Von Herbert Fromme und Gerhard Hegmann, München Europas größter Autoklub ADAC steigt selbst in das Autoversicherungsgeschäft ein. Nach Informationen der FTD hat der Verein eine Vereinbarung mit der Versicherungsgruppe Zurich Financial Services (ZFS) geschlossen. Danach wollen die beiden Unternehmen ein gemeinsames Versicherungsunternehmen gründen, das ADAC-Mitgliedern Policen anbieten soll. Zurich hält 51 Prozent, der ADAC 49 Prozent, hieß es in Versicherungskreisen.
Beide bestätigten, dass „erfolgreiche Gespräche“ geführt werden. „Zurich und ADAC rücken näher zusammen“, sagte ein Sprecher des Versicherungsunternehmens. Einzelheiten wollten beide nicht nennen. Die Zurich konnte sich bei den Verhandlungen gegen die R+V-Gruppe in Wiesbaden durchsetzen.
Bisher tritt der ADAC nur als Vermittler von Autoversicherungen auf. Seine Partner sind Zurich und die R+V-Tochter Kravag. Die Verträge werden von der Zurich verwaltet, die auch 50,5 Prozent des Risikos trägt. Kravag ist bisher zu 49,5 Prozent an dem Geschäft beteiligt, scheidet aber nach der Neugründung aus.
Der ADAC war als Vermittler aber nur moderat erfolgreich: Bei heute 15,8 Millionen Mitgliedern konnte er einen Bestand von gerade 300 000 Verträgen aufbauen. Das umfasst neben der Autohaftpflichtversicherung auch Kasko- und Teilkaskodeckungen. Die Zahl der versicherten Fahrzeuge wollte der ADAC nicht nennen, sie dürfte unter 200 000 liegen. Insgesamt sind in Deutschland rund 56 Millionen Fahrzeuge versichert. Im Markt gelten die ADAC-vermittelten Risiken als schwierig.
Mit dem Wechsel vom Vermittler zum Risikoträger kann der ADAC künftig mehr Einfluss auf die Gestaltung von Policen und Preisen nehmen. Außerdem wird es leichter, an den Ergebnissen des – trotz Preissenkungen – finanziell immer noch lukrativen Marktes der Autoversicherung zu partizipieren. Allerdings ist der Aufbau eines Autoversicherers in den ersten Jahren mit hohen Kosten verbunden.
Bei Schutzbriefdeckungen und Rechtsschutzversicherungen ist der ADAC über Tochtergesellschaften schon jetzt selbst Risikoträger.
Der gemeinnützige Autoklub expandiert damit weiter im Finanzsektor. Im Frühjahr 2004 stieg er mithilfe der VW Financial Services in die Kreditvermittlung ein. Im Herbst 2005 folgte dann eine Zusammenarbeit mit der Deutschen Bank bei Sparangeboten. Für Banken, Versicherer und andere Anbieter ist der ADAC wegen seiner Mitgliederbasis interessant, die er auch 2006 steigern konnte. Per Saldo kamen 334 000 Mitglieder hinzu.
Genauere Zahlen und Einzelheiten zur neuen Autoversicherung will der Verband auf seiner Hauptversammlung am 12. Mai in Freiburg/Breisgau den Delegierten der Regionalklubs vorlegen. Beim Umsatz ist der ADAC mit einem großen Wirtschaftsunternehmen vergleichbar. Klub und Wirtschaftsaktivitäten zusammen erzielten 2005 rund 1,6 Mrd. Euro Umsatz. Allein der Verein verbuchte Beiträge und andere Erträge von 567 Mio. Euro. Bei den Wirtschaftsaktivitäten belief sich der Umsatz auf 859 Mio. Euro. Größte Tochter ist die ADAC-Schutzbrief-Versicherung.
Der deutsche Autoversicherungsmarkt ist deutlich in Bewegung. Marktführer Allianz mit knapp neun Millionen Fahrzeugen und der zweite HUK-Coburg mit 7,7 Millionen liefern sich einen heftigen Wettkampf. Die Autohersteller suchen ebenfalls die Kundenbindung über eigene Versicherungsangebote, für die sie mit Versicherern kooperieren. So hat VW schon eine Million Fahrzeuge mit dem Partner Allianz versichert.
Außerdem suchen Direkt- und Internetversicherer ihre Chance. Neu auf den übervölkerten deutschen Markt kommt gerade der britische Direktanbieter Admiral, hinter dem als Risikoträger maßgeblich die Münchener Rück steht. Admiral arbeitet ab Herbst in Konkurrenz zu Ergo, der Erstversicherungsgruppe der Münchener Rück. Auch ADAC-Partner Zurich baut aus und gründet gerade einen europaweit agierenden Internetversicherer, die Zurich Connect.
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Die Einsatzwagen des ADAC eilen bei Pannen herbei. Künftig können die gelben Engel bei der Gelegenheit auch Versicherungen verkaufen – Eckel
Quelle: Financial Times Deutschland
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