Herbert Fromme Eine alte Unsitte wird wieder belebt. Große Konzerne wie Allianz und Münchener Rück veröffentlichen „vorläufige“ Zahlen, führen dazu Presse- und Analystenkonferenzen durch. Dabei liegen die Jahresabschlüsse und -berichte noch nicht vor. Sie werden dann drei oder vier Wochen später nachgereicht. Dann interessiert sich kein Mensch mehr dafür.
Die börsennotierten Konzerne begründen die geteilte Berichterstattung mit den Vorschriften des Aktienrechts. Sobald vorläufige Zahlen vorliegen, argumentieren sie, müssen sie ihre Aktionäre und damit die Öffentlichkeit unterrichten. Das diene der Transparenz. Warum dann nicht gleich die ganze Bilanz veröffentlicht werden kann, sagen sie nicht.
Denn in Wirklichkeit werden die Versicherer so intransparenter. Gerade bei ihnen erschließt sich der tatsächliche Zustand einer Gesellschaft – wenn überhaupt – erst aus den zahlreichen Daten des Geschäftsberichts und im Vergleich über einen längeren Zeitraum. Für die Unternehmen ist die Versuchung sehr groß, in ihrer vorläufigen Berichterstattung nicht ganz so positive Entwicklungen etwas kleiner darzustellen.
Zur Vernebelung führt leider auch die grassierende Quartalsberichterstattung der Assekuranz. Jeder Versicherer kann mit Reservestärkungen oder -auflösungen sein Ergebnis kurzfristig spürbar und legal gestalten, auch Vertriebe haben da zahlreiche Möglichkeiten. Über den wahren Zustand einer Gesellschaft sagen die Quartalszahlen in einer Branche, die Risiken auch über die Zeit ausgleicht, herzlich wenig aus.
Herbert Fromme ist Versicherungskorrespondent der Financial Times Deutschland.
E-Mail: fromme.herbert@ftd.de
Quelle: Financial Times Deutschland
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