In der Seekaskoversicherung kämpfen die Anbieter seit Jahren mit zu niedrigen Prämien. Gleichzeitig häufen sich die Großschäden bei Containerschiffen. Betroffen ist vor allem die Ladung dsfgsd fs
Die Fotos von den englischen Strandräubern gingen im Januar um die Welt: Weinfässer und Motorräder ließen sie aus Containern des havarierten Frachters „MSC Napoli“ mitgehen, die der Wind an die Strände der englischen Südküste gespült hatte. Für die Transportversicherer war das Unglück der Auftakt zu einem sehr schadenträchtigen Quartal. Mit der zunehmenden Größe der Schiffe steigt die Schadensumme im Ernstfall.
„Die Frequenz der Kleinschäden nimmt ab, aber es gibt immer wieder große Kracher“, hat Hans Detlev Olsen beobachtet. Er ist Geschäftsführer von Leonhardt & Blumberg Versicherungsmakler in Hamburg. Das Unternehmen vermittelt Versicherungen nicht nur für die Mutter, die Reederei Leonhardt & Blumberg, sondern für eine ganze Reihe von Schiffseignern.
Das Schiff selbst versichern die Reeder bei Kaskoversicherern. Für Haftpflichtschäden etwa durch Umweltverschmutzung bei Unglücken kommen Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit auf, sogenannte P&I-Clubs. Den Wert der Ladung decken Warenversicherungen ab.
Der Wert der Ladung übersteigt den Schiffswert mittlerweile um ein Vielfaches. Bei einem durchschnittlichen Container könne man mit einem Wert von rund 70 000 $ rechnen, sagt Thomas Artmann, Produktmanager Transportversicherung bei der Münchener Rück. Das schwankt allerdings stark, je nach Inhalt: Eine Box voller zum Verkaufswert versicherter Markenjeans ist schnell 1 Mio. $ wert. Bei den größten Containerschiffen, die heute mehr als 10 000 Boxen transportieren können, kommen da auch 1 Mrd. $ an Ladungswert zusammen.
Schwierig oder gar gefährlich wird es, wenn Inhalt oder Gewicht der Boxen falsch deklariert sind und sie deshalb an Bord falsch gelagert werden. „Container mit gefährlicher Ladung kosten als Fracht einen Haufen Geld“, erklärt Olsen. Deshalb wird ein harmloser Inhalt angegeben. So explodierte auf Schiffen in der Vergangenheit mehrfach Chlorkalk. „Manche Reedereien transportieren ihn heute nur noch in Kühlcontainern.“ Das geht natürlich nur, wenn er richtig deklariert ist. „Bestimmte Gefahrgüter generell vom Transport auszuschließen halte ich aber für falsch. Das führt nur zu noch mehr falschen Angaben“, meint Kapitän Erwin Mast, Spezialist für Transportschadenverhütung und Risikomanagement bei der Münchener Rück.
In der Regel zahlen bei Verlusten die Kasko- und Warenversicherer erst einmal Geld an die Besitzer von Schiff und Ladung, versuchen aber, es sich auf dem Regressweg wiederzuholen. „Der Streit geht dann im Hintergrund zwischen den Versicherern weiter“, erklärt Münchener-Rück-Experte Artmann. „Solche Fälle können jahrelang vor Schiedsgerichten hängen.“ Seit Jahren klagen die Kaskoversicherer über nicht auskömmliche Prämien. „Wir sehen die internationale Seekaskoversicherung sehr kritisch“, erklärt Artmann. Die Münchener Rück hat sich aus diesem Geschäft zurückgezogen.
Axel Theis, Chef der Allianz Global Corporate & Specialty, beklagt eine „kritische Entwicklung“ im internationalen Schifffahrtsbereich. „Dort gab es im ersten Quartal auch diverse Großschäden. In diesem Bereich erwarten wir Prämiensteigerungen.“ Wegen der negativen Ergebnisse rechnet Theis mit einer Marktbereinigung.
Bei den Erstversicherern sei von der deutschen Assekuranz praktisch nur noch die Allianz in diesem Segment aktiv, sagt Makler Olsen. Den größten Teil ihrer Deckung kaufen die hiesigen Reedereien, die weltweit die größte Flotte an Containerschiffen kontrollieren, bei Versicherern in Norwegen oder Großbritannien. „Insgesamt aber verlieren viele die Lust an dem Geschäft, und der einzelne Risikoträger zeichnet mehr.“
Während die Schiffe immer größer werden, ist die durchschnittliche Besatzungsstärke eher rückläufig. Ein Grund dafür ist der weltweite Mangel an Seeleuten. „Das ist per se kein Problem. In Notfallsituationen aber kann es ein Handicap sein, und das beunruhigt uns“, sagt Kapitän Mast.
Außerdem haben die Containerreeder in den vergangenen Jahren extrem viel Nachfrage erfahren und deshalb nicht nur neuere Schiffe möglichst ohne Unterbrechung fahren lassen, sondern auch alte weiterbetrieben, statt sie zu verschrotten. „Wir haben Sorge, dass notwendige Reparaturen deshalb hinausgezögert wurden“, sagt Thomas Artmann. „Das haben wir in den vergangenen Marktzyklen auch sehen können.“ Die Rechnung dafür werden die Versicherer frühestens in diesem Jahr erhalten, denn mittlerweile sind die Schifffahrtsmärkte abgekühlt.
Die Reparaturwerften sind nicht nur deshalb voll ausgelastet, weltweit gibt es für die wachsende Flotte kaum noch genug Kapazität. Das macht sich auch bei der sogenannten Ausfallversicherung bemerkbar: Sie springt ein, wenn das Schiff wegen technischer Mängel keine Einnahmen mehr erwirtschaften kann. „Die meisten Reedereien haben hier die versicherte Ausfallzeit auf 180 Tage verdoppelt“, sagt Olsen. Denn so lange kann es dauern, bis die Werft Platz hat und das benötigte Ersatzteil geliefert ist.
Bild(er):
Im Juli 1995 öffnet sich der Krater des Vulkans Soufrière auf der Antilleninsel Montserrat, bis Ende 1997 kommt es zu vielen Eruptionen – Gettyimages/Kevin West
Katrin Berkenkopf
Quelle: Financial Times Deutschland
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