Autohersteller führt elektronische Abwicklung ein und übernimmt auch Haftpflicht
Von Patrick Hagen und Herbert Fromme, Köln Der Volkswagen Versicherungsdienst (VVD) führt einen neuen automatisierten Schadendienst ein und übernimmt vom Versicherer Allianz auch den größten Teil der Bearbeitung von Haftpflichtschäden, zusätzlich zu der bereits bei VVD angesiedelten Kasko-Schadenabwicklung. „Die elektronische Bearbeitung wird die Abwicklung von Kasko-Autoschäden vor der Reparatur in der Regel von drei Tagen auf einen Tag oder weniger reduzieren“, sagte Karsten Crede, Sprecher der Geschäftsführung des VVD, der FTD. Die Kasko-Versicherung deckt Schäden am eigenen Fahrzeug.
VW wendet sich gegen Autoversicherer wie HUK-Coburg: Kunden, die sich verpflichten, Schäden bei einer HUK-Vertragswerkstatt reparieren zu lassen, sparen Prämie. Das stört Autobauer wie VW oder BMW und ihre Händler. „Die Händler stehen voll hinter unserem neuen System“, sagte Crede.
Der VVD reguliert schon lange Kaskoschäden seiner Kunden, rund 130 000 sind es pro Jahr. „Ziel des neuen Systems ist es, die Standzeit zu verringern und das Fahrzeug schneller zurückzugeben“, sagte Crede. Dadurch werde die Kostenbelastung insgesamt gesenkt, weil weniger Ausgaben für Gutachter und Mietwagen anfallen.
Ermöglichen soll das eine weitgehend elektronische Bearbeitung. Der VVD-Kunde bringt seinen beschädigten Wagen grundsätzlich in eine VW-Vertragswerkstatt. Werkstattmitarbeiter fertigen Digitalfotos und kalkulieren den wahrscheinlichen Schadenumfang. Beides wird elektronisch an den VVD geschickt, die Freigabe erfolgt in der Regel postwendend. Nur bei ungewöhnlichen Konstellationen schaltet VVD einen Gutachter ein.
Die Kalkulation des Schadens dient der Werkstatt auch zur Bestellung der zur Reparatur benötigten Teile. Den Service will VVD auch Unfallgegnern seiner Kunden anbieten. „Im wesentlichen ist es aber ein Kaskosystem“, sagte Crede. Außerdem übernimmt VVD schrittweise bis zum 1. Dezember 2007 vom Versicherer Allianz auch die Regulierung von rund 65 000 Haftpflichtschäden jährlich, also Schäden an Drittfahrzeugen. Ausgeschlossen davon sind Personenschäden. Sie werden weiter von der Allianz reguliert.
Insgesamt 1,02 Millionen Fahrzeuge sind über den VVD bei der Allianz versichert. Über einen eigenen Rückversicherer ist VW auch am Risiko beteiligt. Zusätzlich zum Versicherungsvertrieb über die Autohäuser dringt der Hersteller mit dem Ausbau der Schadenregulierung immer weiter in das traditionelle Tätigkeitsfeld eines Versicherer vor. Manche Gesellschaften beobachten das mit Sorge. Das weiß auch Crede: „Wir werden als Eindringlinge gesehen, die sich in den Versicherungsmarkt einmischen.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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