Die Hamburger empfangen jedes Kreuzfahrtschiff mit Begeisterung. Und ihre Liebe wird erwidert: Dank der Weltstadtqualitäten ist Hamburg bei Reedereien und Passagieren beliebt. Der Hafen bekommt nun einen großen Liegeplatz
Albert Ballin, der berühmte Generaldirektor der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd, soll die Idee gehabt haben, Vergnügungsfahrten auf See zu veranstalten. Weil seine Transatlantikdampfer im Winter nicht ausgelastet waren, ließ er sie zu dieser Jahreszeit im Mittelmeer kreuzen, das erste Mal 1891. So schuf er eine ganz neue Branche. Noch heute hat Hapag-Lloyd eine Kreuzfahrttochter, die mit der „MS Europa“ das von Experten höchstdekorierte Schiff betreibt.
Die Begeisterung für Kreuzfahrten ist in Hamburg auch heute überall zu spüren. Wenn die „Queen Mary 2“ den Hamburger Hafen anläuft oder die Reederei Aida Cruises ihren neuen Luxusliner „Aida Diva“ tauft, ist der Besucheransturm groß. „Hamburg ist wirklich clever bei der Vermarktung“, sagt Alexander Napp, Prokurist bei der Schifffahrtsagentur Sartori & Berger. Das Unternehmen betreut in diesem Jahr über 350 Anläufe von Kreuzfahrtschiffen in ganz Deutschland.
„Hamburg als Stadt hat sich einfach enorm entwickelt, und internationale Reedereien nehmen uns besser wahr“, sagt Nadine Palatz vom Hamburg Cruise Center. Wegen der guten Verkehrsanbindungen sei die Stadt ein idealer Wechselhafen. Deshalb beginnen und enden hier viele Kreuzfahrten.
Werbung für Hamburg sei auch die Seatrade Europe, eine Fachmesse mit Kongressprogramm, die regelmäßig in der Hansestadt stattfindet, berichtet Palatz. Die Seatrade in Miami ist alljährlich der weltweit größte Branchentreff. Wegen der wachsenden Bedeutung des europäischen Markts hat die Messe 2001 einen Ableger in Hamburg etabliert. Die nächste Auflage gibt es im September. „Da haben wir natürlich Heimvorteil, dahin kommen alle internationalen Reedereien“, sagt Palatz.
Neben dem Hafen profitieren auch andere Branchen in der Stadt vom Kreuzfahrtboom. Die Rösterei, die den Kaffee für die Schiffe liefert, die Schule für den Entertainment-Nachwuchs und die Designer der neuen Luxusschiffe – alle haben ihren Sitz in Hamburg.
Um den ersten Platz unter den deutschen Kreuzfahrthäfen wetteifern traditionell Kiel und Warnemünde. Doch Hamburg hat enorm aufgeholt. In diesem Jahr gibt es 89 Schiffstage – die Zahl der Anläufe ist geringer, da einige Schiffe mehrere Tage bleiben. Dabei werden 140 000 Passagiere erwartet. Zum Vergleich: 2006 gab es 69 Schiffstage mit 80 000 Passagieren. Die Prognose für 2010 geht von weiterem Wachstum aus. Dann sollen es schon 140 Anläufe mit 300 000 Reisenden sein.
„Die Zahl der Passagiere steigt überproportional, weil die Schiffe immer größer werden“, erklärt Palatz. In Altona wird daher bis 2009 ein weiterer Liegeplatz für Schiffe mit mehr als 300 Metern Länge gebaut. 2011 soll es einen neuen Terminal am Grasbrook geben, fest steht das aber noch nicht. „Wir brauchen endlich Klarheit über den Grasbrook“, sagt Napp von Sartori & Berger. Das Hamburg Cruise Center sei zwar gut ausgebaut, aber eine Interimslösung.
Noch vor wenigen Jahren sagten viele Experten dem Kreuzfahrtstandort Hamburg keine große Zukunft voraus. Schließlich müssen die Schiffe die aufwendige Fahrt elbauf- und abwärts auf sich nehmen, das passe nicht in die engen Fahrpläne, hieß es. Heute sieht das anders aus. „Hier kann man mit dem Schiff mitten in das Herz einer Weltstadt fahren“, sagt Napp. Zudem wächst die Kreuzfahrtbranche weltweit, und die Reedereien sind immer auf der Suche nach neuen Zielen für die verwöhnte Kundschaft. „Bei zehn Prozent Wachstum ist für jeden genug da.“
Ein Problem allerdings sieht Napp: Ein Anlauf ist hier wegen der Lotsenkosten für die lange Elbpassage viel teurer als in anderen Häfen. „Das ist eindeutig, bei niedrigeren Kosten gäbe es noch mehr Anläufe.“ Das weiß auch das Hamburg Cruise Center. „Das Thema steht bei uns ganz oben“, sagt Palatz. Regelmäßig gebe es darüber mit den Lotsen Gespräche. Bisher aber ohne Erfolg.
Bild(er):
Im April dieses Jahres feierte Hamburg mit einem großen Feuerwerk und einer Lichtshow im Hafen die Taufe des Luxusliners „Aida Diva“ – picture-alliance/dpa/Sebastian Widmann
Katrin Berkenkopf
Quelle: Financial Times Deutschland
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