Finanzaufsicht soll auf großzügigeren Umgang mit heute Nichtversicherten dringen · Branche weist Vorstoß zurück
VON Ilse Schlingensiepen, Köln Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hat den Konfrontationskurs gegen die privaten Krankenversicherer (PKV) verschärft. Man werde die Branche über die Finanzaufsicht BaFin dazu zwingen, bisher Nichtversicherten bei einer Rückkehr in die PKV auch im kommenden Jahr den vollen Leistungsumfang zu garantieren, sagte die SPD-Politikerin der Nachrichtenagentur Reuters. Dabei geht es um Menschen, die früher einmal privat versichert waren, aber heute ohne Versicherung sind.
Während es seit dem 1. April dieses Jahres in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Versicherungspflicht gibt, ist sie für die PKV erst ab 1. Januar 2009 vorgesehen. Die Privaten müssen aber seit dem 1. Juli bisher Nichtversicherte in einen sogenannten Standardtarif aufnehmen, der maximal den durchschnittlichen Beitrag der gesetzlichen Versicherung kosten darf, Risikozuschläge für Vorerkrankungen sind nicht erlaubt.
Die private Continentale Krankenversicherung hatte im Juli mit der Ankündigung für Aufruhr gesorgt, dass sie bei bislang Nichtversicherten bereits begonnene Behandlungen nicht bezahlen will, wie es der generellen PKV-Systematik entspricht. Nach scharfer Kritik der Politik hatte die PKV vor zwei Wochen eine branchenweite Lösung vorgelegt: Bei allen Nichtversicherten, die bis zum 31. Dezember in den Standardtarif gehen, wird auch bei begonnenen Behandlungen geleistet, danach nicht mehr. Bereits jetzt gilt bei allen Unternehmen eine generelle Wartezeit von mehreren Monaten nach Abschluss eines Vertrages, bevor Leistungen bei neuen Kunden gezahlt werden.
Die Befristung auf das Jahresende sei „beschämend“ für die PKV, kritisierte Schmidt jetzt. „Der Bundesfinanzminister und ich sind uns einig, dass die Rechtslage es nicht hergibt, dass die private Krankenversicherung Vorerkrankungen von der Behandlung ausschließt.“ Die Wartezeit vor der Bezahlung müsse man dagegen akzeptieren.
Die Ministerin erneuerte außerdem ihre Absicht, langfristig die Trennung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung aufzuheben. Sinnvoll sei ein Finanzausgleich zwischen beiden Systemen, sagte Schmidt.
Volker Leienbach, Direktor des PKV-Verbands, hat kein Verständnis für die Kritik. „Wir sind nicht restriktiv, sondern wir kommen den Nichtversicherten entgegen“, sagte er. Immerhin heiße es in der Begründung zur Gesundheitsreform explizit, es solle verhindert werden, dass sich Menschen erst dann versichern, wenn sie erkrankt sind und damit die Versichertengemeinschaft übermäßig belasten.
„Die Versicherung lebt vom Risikomix, das weiß auch das Bundesgesundheitsministerium“, sagte Leienbach. Durch die Befristung bis zum Jahresende habe man genau diesen Risikomix ermöglicht. „Es kann nicht sein, dass wir Schäden versichern sollen und nicht Risiken.“ Die Branche halte sich mit ihrem Vorgehen an den Wortlaut des Gesetzes. „Wenn die Bundesregierung ein anderes Ergebnis haben wollte, dann hätte sie das ins Gesetz schreiben müssen“, betonte er. Deshalb sieht er die Drohung mit der Finanzaufsicht eher gelassen. „Die BaFin kann nicht auf die Einhaltung von Gesetzesvorschriften hinwirken, die es gar nicht gibt“, sagte Leienbach.
Die Versicherungsaufsicht selbst nahm keine Stellung zu der Auseinandersetzung. „Das ist ein offenes Verfahren, wir reden mit allen Beteiligten“, sagte ein Sprecher der Behörde.
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo