Krise beunruhigt Kreditversicherer

Atradius prüft Risiken kapitalschwacher Unternehmen schärfer · Börsengang nach CyC-Fusion geplant

VON Herbert Fromme und Patrick Hagen, Köln Der weltweit zweitgrößte Kreditversicherer Atradius hat die Risikoprüfung bei Unternehmen mit hohem Fremdkapitalanteil deutlich verschärft. „Das gilt zum Beispiel für Firmen, die von Private Equity kontrolliert werden. Da sind wir vorsichtiger geworden“, so Peter Ingenlath, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des in Amsterdam beheimateten Unternehmens, im FTD-Interview.

Hintergrund ist die durch notleidende zweitklassige US-Hypotheken ausgelöste Finanzkrise. Sie könne auf deutsche Unternehmen durchschlagen, weil Banken möglicherweise Kredite verknappen, sagte er. „Im Moment haben wir aber keine Anzeichen dafür, dass diese Wirkungskette schon gegriffen hat“, sagte Ingenlath.

Atradius versichert wie seine Konkurrenten Euler Hermes, Coface und R+V Unternehmen gegen die Pleite von Kunden. Um Risiken abschätzen zu können, prüft Atradius deshalb ständig die Bonität zahlreicher Firmen und legt für seine Kunden Höchstgrenzen fest, innerhalb deren der Versicherer bei Forderungsausfall zahlt. Aktuell hat die Pleite des Möbelherstellers Schieder für einen Großschaden gesorgt – Lieferanten, denen Schieder Geld schuldig blieb und die eine Kreditversicherung hatten, holen sich den Ausfall von ihren Versicherern. Atradius sei mit einem „kleinen Millionenbetrag“ betroffen. Den Schaden für die Branche könne man noch nicht beziffern.

Atradius war Anfang 2001 aus der Fusion der niederländischen NCM mit Gerling Kredit hervorgegangen. Jetzt steht die Gruppe vor dem Zusammenschluss mit der deutlich kleineren spanischen Crédito y Caución (CyC), bei der die Eigner der spanischen Gesellschaft Mehrheitsaktionäre des Gesamtkonzerns werden. Die spanische Seite, vor allem Versicherer, hält künftig 64,2 Prozent, Rückversicherungs-Weltmarktführer Swiss Re 25 Prozent, die Deutsche Bank 9,1 Prozent und Sal. Oppenheim 1,7 Prozent.

„Zur Zeit sind die Aufsichtsbehörden mit der Sache beschäftigt“, sagte Ingenlath der FTD weiter. „Wir erwarten ihre baldige Zustimmung.“ Dann entstehe eine Kreditversicherungsgruppe mit 1,8 Mrd. Euro Umsatz und einem Weltmarktanteil von 33 Prozent, knapp hinter der Allianz-Tochter Euler Hermes mit 34 Prozent. Den deutschen Markt bezifferte Ingenlath auf 823 Mio. Euro, Atradius halte davon 193 Mio. Euro oder 23 Prozent.

Die Aktionäre wollen ihre Anteile an Atradius mittelfristig über einen Börsengang verkleinern. „Wir sind dabei, uns börsenfähig zu machen“, sagte Ingenlath. „Das hat für uns hohe Priorität.“ Ein Datum wollte er aber nicht nennen.

2007 rechnet er mit Wachstum knapp unter zehn Prozent, ohne den CyC-Fusionseffekt. Das Geschäft läuft gut: 2006 verdiente Atradius nach Steuern 105 Mio. Euro, verglichen mit 100 Mio. Euro im Jahr zuvor. Zwar sind die Preise unter Druck, aber die Schäden halten sich in Grenzen. So musste Atradius 2006 nur 45 Prozent der Prämien für Schäden aufwenden, Verwaltungs- und Vertriebskosten betrugen 39 Prozent. „Unser Geschäftsmodell sieht vor, dass wir auch in schlechten Phasen hohe Deckungsquoten haben“, so Ingenlath. „Wir brauchen also die guten Jahre, um durch die schlechten zu kommen.“

Die in der Branche debattierte wachsende Konkurrenz für die Kreditversicherer durch Factoring-Gesellschaften sieht Ingenlath gelassen. „Das Ausfallrisiko landet doch bei uns, entweder hat der Kunde es versichert, oder das Factoring-Unternehmen versichert es“, sagte er. Atradius hatte sein eigenes Factoring-Geschäft vor zwei Jahren an Fortis verkauft. „Wir kooperieren in diesem Feld mit Fortis.“ Um Factoring erfolgreich anbieten zu können, brauche man direkten Zugang zu hoher Liquidität. „Das hatten wir nicht.“ Deswegen gehörten die meisten Factoring-Gesellschaften auch Banken.

Daneben gebe es ein hohes Risiko beim Factoring, das sich nicht rückversichern lasse: Betrug durch den Factoring-Nehmer. „Wenn die Not groß ist, kommt es natürlich vor, dass Rechnungen gefälscht und an den Factor gegeben werden“, sagte Ingenlath. Das werde sich vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auswirken.

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Atradius-Vizechef Peter Ingenlath: Bei Firmen mit hohem Fremdkapitalanteil prüft der Kreditversicherer jetzt besonders genau – Jardai/Modusphoto.com

Quelle: Financial Times Deutschland

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