Hannover Rück rechnet mit spürbarer Verschärfung des Wettbewerbs · Interview mit Vorstand Pickel
Von Herbert Fromme, Köln Die Hannover Rück erwartet in der Vertragserneuerungsrunde für das Jahr 2008 einen deutlich härteren Konkurrenzkampf der Rückversicherer in Deutschland. „Dabei geht es vor allem um die Kraftfahrt-Rückversicherung“, sagte Michael Pickel, für Deutschland zuständiges Vorstandsmitglied der viertgrößten Gesellschaft der Welt. Sie gehört mehrheitlich zum Talanx-Konzern.
Mehrere Konkurrenten, die den Markt vernachlässigt hätten, wollten jetzt mit Macht zurückkommen, sagte Pickel. Dazu zählt er Swiss Re, Münchener Rück und Scor. „Der Zusammenschluss von Scor mit Converium wird Erwartungen schüren, auch in das Wachstum“, sagte Pickel. „Ich glaube, dass die Münchener Rück mit ihrem Programm ,Changing Gear‘ Wachstum sucht, und das auch auf dem Heimatmarkt.“ Swiss Re habe gerade den Konkurrenten GE Insurance Solutions gekauft, auch dort gebe es Druck in Richtung Umsatz.
Rückversicherer decken Erstversicherer wie Generali oder Württembergische gegen Größtschäden ab und entlasten ihre Bilanzen, indem sie einen Teil der Risiken übernehmen. Die ersten Verhandlungen über die Verträge für 2008 werden ab Sonntag auf dem Welt-Rückversicherungstreffen in Monte Carlo geführt.
Die deutsche Autoversicherung ist mit einer Jahresprämie von 21 Mrd. Euro das größte Segment der Schaden- und Unfallversicherung, das sind alle Sparten außerhalb von Leben und Kranken. Seit drei Jahren sinken die Preise zwar, aber die Schäden auch. Gleichzeitig erzielen die Gesellschaften kräftige Kapitalerträge. Sie machen in dieser Sparte immer noch hohe Gewinne – anders als Versicherer in den übrigen europäischen Hauptmärkten. Deshalb konkurrieren die Rückversicherer um sie als Kunden.
„Wir sind in Deutschland inzwischen der zweitgrößte Rückversicherer im Schaden- und Unfallbereich und der größte Auto-Rückversicherer“, sagte Pickel. 1999 und 2000 seien schwierige Jahre gewesen. „Aber seit 2001 ist das für uns ein sehr profitables Geschäft.“
Die Hannover Rück arbeitet in Deutschland über die Tochter E+S Rück, früher Eisen + Stahl. An ihr sind sieben deutsche Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit mit zusammen 34,7 Prozent beteiligt, darunter der Marktzweite in der Autoversicherung, die HUK-Coburg. Die Rückdeckung dieser Vereine, die erfolgreich gerade in der Autoversicherung agieren, und mittelgroßer Aktiengesellschaften stehe im Fokus des E+S-Geschäfts, sagte Pickel. „Die brauchen langfristig orientierte solide Partner.“
Den Hauptunterschied zur Konkurrenz sieht Pickel in der Zeichnungspolitik. „Wir haben uns zum Beispiel nicht geweigert, Terrorrisiken zu akzeptieren.“ Nach dem 11. September 2001 schlossen viele Rückversicherer das Terrorrisiko aus ihren Verträgen aus.
Wenn aber ein Fahrzeug als Terrorwaffe verwendet wird, haftet der Erstversicherer, der den Wagen versichert hat – er ist per Gesetz daran gehindert, das Risiko auszuschließen. Wenn er dafür keine Rückversicherung hat, droht bei einem Großschaden der Konkurs.
„Wir sehen die Terrorgefahr in der Kfz-Versicherung nicht in dem Ausmaß wie andere. Wir haben das Risiko deshalb weiter gezeichnet und keine bedeutenden Einschränkungen gemacht“, sagte Pickel. „Jetzt schwenken Konkurrenten auf unsere Linie ein.“
Für die Hannover Rück bestehe die Herausforderung darin, richtig zu antworten. Das geschehe zu einem Zeitpunkt, in dem die Preise für die Endkunden sinken. „Wir haben uns vorgenommen, das eine oder andere nicht mitzumachen“, sagte Pickel. Die Kunst bestehe darin, in einen Markt zu gehen, wenn andere nicht mehr wollen, und zurückhaltender zu sein, wenn alle zurückkommen. Den ersten Teil habe die Gesellschaft erfolgreich bewältigt. „Jetzt müssen wir den anderen Teil auch noch machen.“ Das bedeute nicht, Kundenverbindungen aufzugeben. „Aber man kann sagten, diese oder jene Sache mache ich nicht mehr, dafür habt ihr doch jetzt guten Ersatz.“
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Hannover-Rück-Vorstand Michael Pickel erwartet einen deutlich verschärften Konkurrenzkampf der Rückversicherer um das lukrative deutsche Kfz-Geschäft – Jardai/modusphoto.com
Quelle: Financial Times Deutschland
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