Konzern übernimmt Spezialversicherer für Billighäuser und Motorräder · Hohes Wachstum angestrebt
Von Herbert Fromme, Köln Die Münchener Rück will mit Zustimmung des Managements die US-Erstversicherungsgruppe The Midland Group in Cincinnati, Ohio übernehmen. Mit der Familie Hayden, die 45 Prozent an Midland hält, ist sich der weltweit zweitgrößte Rückversicherer einig. Wenn mehr als 50 Prozent der Aktionäre des börsennotierten Unternehmens zustimmen, kann der Deal 2008 abgeschlossen werden. Das Management unter President John Hayden und Chairman Joseph Hayden hat sich verpflichtet, mehrere Jahre in dem Unternehmen zu bleiben.
Die Münchener Rück zahlt 1,3 Mrd. $, nach Ansicht von Analysten ein hoher Preis. Die Familie Hayden hatte eine Auktion veranstaltet, an der sich auch mehrere US-Versicherer beteiligten. Midland wurde von UBS beraten, die Münchener Rück von Lehman Brothers. Die Börse reagierte negativ. In einem ansonsten freundlichen Markt verlor die Aktie der Münchener Rück gestern 0,8 Prozent auf 136,54 Euro.
Vor einer Woche hatte der Konzern Übernahmen in den USA angekündigt. Die Gruppe sucht vor allem Gelegenheiten im Erstversicherungsmarkt für Spezialrisiken, nicht im Kerngeschäft Rückversicherung. Dort spürt sie den Druck deutlicher Preisrückgänge, nachdem die Branche acht Jahre lang Preiserhöhungen durchsetzen konnte. Konzernchef Nikolaus von Bomhard versucht, der Niedrigpreisphase des sogenannten Versicherungszyklus möglichst lang auszuweichen. Er gibt lieber Geschäft auf, als es zu verlustbringenden Konditionen anzunehmen.
Um trotzdem Wachstum aufzuweisen, forciert von Bomhard neue Aktivitäten unter seinem Programm „Changing Gear“ (den Gang wechseln). Dazu gehört die Gründung eines Spezialversicherers für Luftfahrt und Transport in Köln mit Ex-Gerling-Mitarbeitern und die Übernahme mehrerer Zeichnungsagenturen in Großbritannien und den USA. Alle diese Aktivitäten im Erstversicherungsbereich werden von der Münchener Rück selbst gesteuert, nicht von der Erstversicherungstochter Ergo. Bisher konnte von Bomhard mit diesen Schritten die Börse wenig beeindrucken: Die Entwicklung der Aktie blieb hinter der des Dax zurück.
„Mit der Midland-Übernahme machen wir uns noch unabhängiger vom Marktzyklus in der traditionellen Schaden- und Unfallrückversicherung“, sagte Peter Röder, der ab Januar das US-Geschäft des Konzerns verantwortet. Gelinge die Übernahme, werde die Midland-Gruppe vollständig in die Munich Re America eingegliedert und nach den Zeichnungsstandards des Konzerns geführt, sagte Tony Kuczinski, designierter Chief Executive der Munich Re America. Der Konzern habe bereits 2006 im Segment Spezialerstversicherung Prämieneinnahmen von 747 Mio. $ erzielt. Der Gesamtmarkt sei 80 Mrd. $ schwer.
Die Midland-Gruppe verbuchte 2006 Prämieneinnahmen von 832 Mio. $. Das Unternehmen ist mit der Tochter American Modern nur in Marktnischen aktiv, in denen sich wenige Versicherer tummeln. Mehr als die Hälfte des Umsatzes stammen aus der Versicherung von Mobilheimen, das sind transportierbare Billighäuser, und anderen einfachen Gebäuden. Restschuldversicherungen sowie die Abdeckung von Sportfahrzeugen gehören ebenfalls zu den Spezialitäten. Dabei geht es um Motorräder, Sportboote, Oldtimer und Schneemobile. Midland ist hoch profitabel und hat in den vergangenen drei Jahren jeweils über 13 Prozent nach Steuern auf das Eigenkapital verdient. Zum Unternehmen gehört eine Binnenschiffsreederei im Wert von rund 100 Mio. $. Die Münchener Rück will sie weiterverkaufen – eventuell an die Familie Hayden.
Bild(er):
Die Statue Walking Man, die vor dem Bürogebäude der Münchener Rück steht, mit US-Kopfbedeckung (FTD-Montage) – HAKE Pressefoto; CINETEXT; FTD-Montage
Quelle: Financial Times Deutschland
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