Immer gewaltigere Containerschiffe transportieren Waren über die Meere. Der Wert der Frachter ist gestiegen, im Falle einer Havarie drohen hohe Verluste. Die Rückversicherer freuen sich über größeren Deckungsbedarf dsfgsd fs
VON Patrick Hagen Am 15. Januar 2007 stieß das Containerschiff „Susan Borchard“ vor der italienischen Küste mit der Schnellfähre „Segesta Jet“ zusammen. Vier Menschen starben. Die Kollision war der Anfang einer Serie von Großschäden für die Transportversicherer. Nur wenige Tage später havarierte der Frachter „MSC Napoli“ während des Sturms „Kyrill“ im Ärmelkanal, und im März sorgte der Totalschaden des Schwimmbaggers „W.D. Fairway“ für einen Schaden von über 150 Mio. $. „Das war bisher der größte Kaskoschaden überhaupt bei einem fahrenden Schiff“, sagt Thomas Artmann, Transportversicherungsspezialist bei der Münchener Rück.
Der weltweite Boom des Seeverkehrs sorgt dafür, dass immer mehr und immer größere Schiffe auf den Weltmeeren unterwegs sind. Zwar geht seit Jahren die Zahl der Totalverluste von Schiffen zurück. „Aber wenn etwas passiert, ist es richtig teuer“, sagt Artmann. „Das liegt daran, dass die Schiffe immer größer werden.“ Je mehr Container ein Frachter befördert, desto günstiger wird der Transport. Das zurzeit größte Containerschiff der Welt, die „Emma Maersk“, kann geschätzte 13 000 Stahlboxen tragen. Die genaue Zahl hält die dänische Reederei Maersk geheim. Mehr Ladung bedeutet aber auch größere potenzielle Schäden. „Entsprechend besteht auch immer mehr Versicherungsbedarf“, sagt Artmann.
Außerdem ist der Wert der Schiffe stark gestiegen. Durch den weltweiten Boom sind die Werften auf Jahre ausgebucht, gebrauchte Frachter werden teurer. „Schiffe, die vor fünf Jahren 10 Mio. $ wert waren, kosten jetzt das Doppelte“, sagt Artmann. Reeder versichern den Schiffswert mit einer Kaskodeckung. Haftungsfälle nach Personenschäden oder Umweltverschmutzung übernehmen meist Gegenseitigkeitsvereine der Branche, die sogenannten P&I Clubs, das steht für Protection & Indemnity (Schutz und Entschädigung). Die Ladung decken Warenversicherer. Die Gesellschaften geben große Teile des Risikos an Rückversicherer weiter. „In der Transportversicherung ist der Rückdeckungsanteil traditionell sehr hoch“, sagt Artmann.
Bei Seekaskodeckungen sind der Versicherungsmarkt Lloyd’s of London und skandinavische Gesellschaften führend. Da reichlich Kapital vorhanden ist, ist der Druck auf die Preise groß, sagt Transportversicherer Hans-Christoph Enge vom Bremer Assekuradeur Lampe & Schwartze, der Risiken im Auftrag verschiedener Versicherer zeichnet. „Die Prämien sind eigentlich viel zu niedrig.“ Das merken auch die Rückversicherer. Die Münchener Rück hat sich deshalb aus dem Seekaskogeschäft weitgehend zurückgezogen.
Der Wert der geladenen Waren übersteigt den des Schiffs bei Weitem. In den Containern wird von Massengütern wie Baustoffen bis zu Parfüm oder Elektronik fast alles transportiert. Der Wert des Inhalts schwankt daher enorm. Im Durchschnitt könne man mit 70 000 $ pro Box rechnen, sagt Artmann.
Allerdings landet nicht das gesamte Risiko für den Verlust der Ladung bei einem einzelnen Rückversicherer. Die Fracht an Bord gehört einer Vielzahl von Eigentümern, die bei verschiedenen Erstversicherern Deckung einkaufen. Diese geben Risiken in Teilen an Rückversicherer weiter. „Wir arbeiten mit Modellen, um zu berechnen, wie stark wir im schlimmsten Fall betroffen sein könnten“, sagt Artmann.
Ein solches Extremereignis könnte eine Sturmflut in einer Hafenstadt sein, die Schiffe versenkt, gelagerte Ladung zerstört und Sachschäden an Gebäuden verursacht. Zum ersten Mal habe man das bei der Überflutung von New Orleans gesehen, sagt Artmann. Für diese Modelle greift der Rückversicherer auch auf Spezialfirmen zurück, die sonst Szenarien für Hurrikanschäden erstellen.
Die größten Schäden drohen allerdings aus Haftungsforderungen für Personenschäden. Der Untergang eines Kreuzfahrtschiffs mit Tausenden von Todesopfern ist daher das Schreckensszenario schlechthin. Mehr als 3 Mrd. $ könnte eine solche Katastrophe die Versicherer kosten, schätzen Branchenexperten. Der Zusammenschluss der P&I Clubs, die International Group, hat für ihre Mitglieder einen eigenen Rückversicherungsvertrag geschlossen. Er deckt Schäden bis zu 3 Mrd.Euro.
Bild(er):
Im Ärmelkanal liegt der Frachter „MSC Napoli“ nahe Branscombe auf Grund. Das unter britischer Flagge fahrende Schiff geriet im Januar 2007 durch den Orkan „Kyrill“ in Seenot. Strandräuber machten sich über die angespülten Container her – Action Press/Rex Features
Quelle: Financial Times Deutschland
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