Zertifikate beteiligen Investoren an den steigenden Transportkosten im Seehandel. Doch die Frachtraten schwanken stark
VON Patrick Hagen und Herbert Fromme Der boomende Welthandel und Engpässe beim Schiffsraum haben die Transportkosten für Trockengüter wie Eisenerz, Kohle und Getreide stark nach oben getrieben. Die Banken haben darauf reagiert und bieten Anlegern Wertpapiere an, mit denen sie sich an der Entwicklung der Frachtraten beteiligen können. Diese Zertifikate basieren häufig auf dem Baltic Dry Index (BDI).
Der Index zeigt an, wie sich die Charterpreise im internationalen Seehandel für Trockengüter entwickeln. Er wird von der Londoner Schifffahrtsbörse Baltic Exchange aus den Frachraten für Massengutschiffe verschiedener Größen auf 22 wichtigen Routen gebildet. Der BDI gehört zu einer Reihe von Indizes, die von der Börse aufgestellt werden.
Der Baltic Dry Index hat sich in den vergangenen zwei Jahren verfünffacht – jedoch mit starken Ausschlägen nach oben und unten. Am 10. Oktober 2007 übersprang er zum ersten Mal die Marke von 10 000 Punkten, nachdem er in der ersten Jahreshälfte bis auf knapp über 5000 abgestürzt war. Gründe für den jetzigen Höhenflug: die Nachfrage nach Kohle und Eisenerz durch China und ein gleichzeitiger Mangel an Massengutfrachtern, Bulker genannt.
Bulker sind für viele der auf Jahre ausgebuchten Werften nicht so rentabel wie Containerfrachter oder Spezialschiffe. Allerdings sind Bulker technisch sehr einfach, deshalb können neue Werften und Schiffbaunationen über diesen Weg leicht in den Markt vordringen.
Auch die Dürre in Australien hat dazu beigetragen, die Frachtraten nach oben zu treiben. Asiatische Länder, die ihr Getreide aus Australien bekommen, müssen jetzt in den USA, in Kanada oder Lateinamerika kaufen. Die Entfernungen sind größer, dadurch steigt der Bedarf an Bulkern. Engpässe in Häfen in Brasilien und Australien tragen ebenfalls zu höheren Frachtkosten bei.
Die ersten Reeder werden angesichts der kräftig steigenden Preise nervös und erwarten einen Absturz der Frachtraten für Massengüter. Schiffsmakler erwarten dagegen noch keine baldige Preiskorrektur. Das vierte Quartal gilt traditionell als das stärkste des Jahres.
Außerdem heißt es in Marktkreisen, dass einige Verlader seit Wochen auf sinkende Transportpreise spekulieren und ihre Waren teilweise zurückhalten. Wenn sie schließlich auf den Markt drängen, könnte sich der Bedarf nach Schiffsraum weiter erhöhen.
Die Frachtraten für Trockengut sind hochvolatil, denn die globalen Schifffahrtsmärkte reagieren sensibel auf politische oder wirtschaftliche Ereignisse. Wenn Indien beispielsweise auf Eisenerz Ausfuhrzölle erhebt, wirkt sich das auf die Frachtraten aus. Denn China deckt in dem Fall seinen Bedarf zunehmend aus weiter entfernten Quellen, mehr Frachtraum ist also nötig. Gibt es politische oder technische Probleme an einem Wasserweg zieht die Nachfrage sofort stark an.
Trotz der Zurückhaltung beim Bau von Bulkern werden asiatische Werften 2008 eine ganze Reihe von Massengutfrachtern ausliefern. Das könnte die Frachtraten schnell wieder nach unten treiben. Dazu kommt, dass Tanker mit einfacher Außenhülle zu Bulkern umgebaut werden, weil sie auf Grund von Umweltbestimmungen zum Öltransport nicht mehr zu gebrauchen sind. Für Kohle oder Erz sind sie aber durchaus geeignet, hohe Preise für Neubauten und volle Werften machen den Umbau in vielen Fällen lukrativ. Auch das kann zu einem Abschwung führen.
Anbieter von Zertifikaten haben erkannt, dass diese Volatilität Anleger abschrecken könnte. Deshalb bauen einige von ihnen Kapitalerhaltsgarantien in ihre Produkte ein, so etwa der Fondsanbieter HCI Capital, der das HSC Frachtraten Protect Zertifikat verkauft. Emissionsdatum war der 28. September, die Laufzeit beträgt vier Jahre. Emittent ist Barclays Capital.
Die Royal Bank of Scotland hat ein Zertifikat auf einen anderen Index der Baltic Exchange auf den Markt gebracht, den Baltic Panamax Index. Auch hier ist eine Garantie eingebaut. Der Index bezieht sich auf Bulker, die den Panamakanal befahren können, also nicht länger als 225 und nicht breiter als 32,30 Meter sind. Für Panamax-Bulker gibt es einen besonderen Markt, weil die Schiffe für die Nordamerika-Routen eine eigene Rolle spielen. Allerdings laufen Baltic Dry Index und Panamax Index weitgehend parallel.
Die Dresdner Bank offeriert ein Zertifikat auf den Baltic Panamax Index ohne Kapitalschutz, aber mit Airbag. Solange der Basiswert am Laufzeitende nicht unter eine Kursschwelle von 60 Prozent des Ausgabekurses gefallen ist, erhält der Anleger mindestens den Nennwert zurückgezahlt. Falls der Basiswert unter dieser Schwelle notiert, muss der Anleger zu 60 Prozent die darüber hinausgehenden Verluste tragen.
Bild(er):
Frachter im Panamakanal:Dieser Verkehrsweg stellt besondere Anforderung an Länge und Breite der Schiffe, für die es einen eigenen Index gibt – Gettyimages
Quelle: Financial Times Deutschland
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