Reformen belastendas Geschäft

Die EU-Vermittlerrichtlinie ist noch nicht verdaut, da folgt schon die Novellierung des Versicherungsvertragsgesetzes. Die unabhängigen Vertriebe sind über die anstehenden Änderungen alles andere als begeistert dsfgsd fs

VON Friederike Krieger Die Ziele waren hochgesteckt. „Die EU-Richtlinie sollte ursprünglich für einen Qualitätsanstieg bei der Versicherungsvermittlung sorgen“, erläutert Maximilian Teichler, Geschäftsführer des Maklers Willis. Dazu änderte die EU die Regeln zur Berufsausübung: Durfte früher jeder Versicherungen verkaufen, müssen Vermittler seit dem 22. Mai 2007 eine Erlaubnis bei der zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK) einholen, um ihrer Tätigkeit nachgehen zu können. Sie müssen nachweisen, dass sie für den Versicherungsverkauf qualifiziert sind, und eine Berufshaftpflichtpolice abschließen.

Die Umsetzung der Richtlinie habe allerdings das Ziel verfehlt, so Teichler. Denn die Bundesregierung hat Ausschließlichkeitsvertreter und damit das Gros der Vermittler von den schärferen Anforderungen ausgenommen. Wenn die Versicherungsgesellschaft sich bereiterklärt, für die Vertreter im Falle einer Falschberatung zu haften, benötigen sie keinerlei Nachweise zur Registrierung bei der IHK.

„Für die Makler hat sich nicht viel geändert, da sie die neuen Anforderungen ohnehin bereits erfüllen“, sagt Peter Köhler, Geschäftsführer des Maklers Thomae und Partner. Sie hätten in der Regel einen höheren Abschluss als den von der Richtlinie geforderten „Versicherungsfachmann“ und auch die nötige Haftpflichtpolice.

„Neu ist, dass sich nun auch freie Mitarbeiter, die dem Makler zuarbeiten, selbst versichern müssen“, sagt Otmar Vosswinkel von der Victoria Versicherung. Aufgrund des Wettbewerbs um die neue Kundschaft seien die Prämien für die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung in den Keller gegangen, sagt Hans-Ludger Sandkühler, Vorsitzender des Instituts der Versicherungsmakler (IVM). Die Preise für die vorgeschriebene Deckung von 1 Mio. Euro liegen derzeit zwischen 800 und 1200 Euro. Für Makler seien die Prämien höher als für Vertreter, da sie umfangreichere Beratungspflichten erfüllen müssten, so Vosswinkel. Während Makler die gesamte Bandbreite der Finanzprodukte vergleichen müssen, verlangt die Richtlinie von den Vertretern nur eine richtige Beratung in Bezug auf die Produkte aus dem eigenen Haus.

Viele Haftpflichtversicherer würden zudem Modulartarife anbieten, die nach dem Vermittlungsspektrum gestaffelt seien. Ein Vermittler, der nur Versicherungen vertreibe, würde einen günstigeren Tarif bekommen als einer, der alle Arten von Finanzanlagen anbiete. Vosswinkel rät von solchen Deckungen ab, da die Finanzprodukte oft nicht sauber voneinander getrennt werden könnten. „Wenn ein Makler eine fondsgebundene Lebensversicherung empfiehlt und später wegen Falschberatung in Regress genommen wird, läuft er Gefahr, unterversichert zu sein, wenn nur die reine Versicherungsvermittlung abgedeckt ist“, sagt er. Sandkühler rechnet damit, dass die Prämien zum Jahreswechsel um 10 bis 20 Prozent in die Höhe gehen werden. Denn der Gesetzgeber habe die Begrenzung der Nachhaftung auf fünf Jahre gestrichen. So muss die Versicherung auch für Beratungsfehler von längst pensionierten Vermittlern aufkommen.Das könnte die Schadenaufwendungen in die Höhe treiben.

Während die Registrierungsanforderungen bei den Maklern kaum Spuren hinterlassen haben, machen sich die umfassenderen Beratungs- und Dokumentationspflichten der Richtlinie deutlicher bemerkbar. „Die Vermittlerschaft spürt Druck zu mehr Qualität“, sagt Teichler von Willis. Er beobachtet, dass seine Kunden das Thema kennen und auch schon mal nach der Protokollierung der Beratung fragen, mit der die EU ihnen die Beweisführung im Falle einer Falschberatung erleichtern will. „Viele Makler tun sich bei der Dokumentation noch schwer“, sagt Sandkühler vom IVM. Etliche Änderungen wie der Wegfall der Steuerbefreiung in der Lebensversicherung hätten zu empfindlichen Umsatzeinbußen geführt. Bei den Bemühungen der Makler, neues Geschäft zu generieren, stelle die Dokumentation eine zusätzliche Bürde dar.

„Wir beschäftigen uns mehr mit Formalien und weniger mit unseren Kunden“, lautet das Fazit von Thomae-und-Partner-Makler Köhler zu den gesetzlichen Neuerungen. Er bezweifelt, dass seine Kunden die zusätzlich investierte Arbeit zu schätzen wissen. Um den neuen Informations- und Dokumentationspflichten Genüge zu tun, seien mehrere Beratungstermine nötig. „Spätestens nach Erstellung des Vorsorgekonzepts im zweiten Gespräch sind die Kunden nicht mehr bereit, weitere Termine wahrzunehmen, sich mit Fragebögen und Dokumentationen zu beschäftigen und sich über Bedingungseinzelheiten zu unterhalten, geschweige denn diese zu lesen“, sagt Köhler. Wolle man die Vor- und Nachteile einzelner Verträge dem Kunden darlegen, wie es das neue Versicherungsvertragsgesetz (VVG) fordert, das Anfang 2008 in Kraft tritt, stoße man auf Unverständnis. „Der Kunde sieht die Gegenüberstellung und Auswahl der Versicherungen als Job des Maklers an“, erklärt er.

Auch die Abschaffung der Vorabprovisionen in der Lebensversicherung durch die VVG-Reform stößt auf wenig Gegenliebe. Bisher erhalten die Vermittler in den ersten Monaten nach Abschluss der Versicherung drei bis sieben Prozent der Beiträge, die der Kunde während der Vertragslaufzeit einzahlt. Da der Versicherer die Provision aus den ersten Prämien des Kunden finanziert, erhält dieser wenig von seinem Geld zurück, wenn er den Vertrag frühzeitig kündigt. Künftig soll die Provision deshalb auf fünf Jahre verteilt werden. Für große Häuser wie Willis würde die entstehende Finanzierungslücke kein Problem darstellen, so Teichler. „Je kleiner der Makler ist, desto schwieriger wird es für ihn“, sagt er. Alternativ könnte der Versicherer die volle Provision vorfinanzieren. „Wenn der Kunde dann aber frühzeitig kündigt, muss der Makler einen Teil des Vorschusses wieder zurückzahlen“, sagt Sandkühler vom IVM.

Auf Unwillen stößt auch die geplante Offenlegung der Provisionen bei Lebens- und Krankenversicherungen. „Dies wird die Kunden abschrecken“, sagt er. Sandkühler erwartet in den ersten Monaten nach Inkrafttreten des VVG einen Geschäftsrückgang bei den Maklern. „Die Kunden könnten zudem einen Teil der Provision fordern“, sagt er. Noch schütze das Provisionsabgabeverbot die Makler vor solchen Begehrlichkeiten. Doch die EU hat das Gesetz bereits kritisiert. Bei der Überarbeitung der Richtlinie plant sie, dieses Thema anzugehen.

Zitat:

“ „Die Vermittlerschaft spürt Druck zu mehr Qualität“ “ – Maximilian Teichler, Willis –

Bild(er):

„Dem kleinen Pepi, welcher eine neue Hose braucht, wird eine solche von seinem Paten angemessen. Als die Hose fertig ist, wird sie auf einer Landpartie probiert. Die Probe fällt schlecht aus, und der kleine Pepi kommt in große Gefahr“ – Picutre-Alliance/akg-images

Quelle: Financial Times Deutschland

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