Der Welthandel beschert deutschen Logistikern gute Geschäfte. Das eröffnet den heimischen Versicherern neue Chancen. Von den großen Vermittlern erwarten die Auftraggeber ein breiteres Angebot
Jahrelang zeichneten deutsche Versicherer Transportrisiken wegen der hohen Gefahren nur zögerlich oder zogen sich ganz aus dem Geschäft zurück. Jetzt hat die Allianz die Tochter ESA Cargo und Logistik gegründet, die Münchener Rück ihre Köln Assekuranz. Für die Makler bedeutet die Rückkehr der Versicherer in das Transportgeschäft das Ende der Gelegenheit, sich den Versicherern gegenüber stärker zu positionieren, meint Stephan Zilkens, Vorstandsvorsitzender des Münchner Maklerunternehmens Oskar Schunck. „Wir haben das Zeitfenster nicht genutzt.“
Makler hätten in der jahrelangen Abstinenz der Versicherer die Möglichkeit gehabt, ihr Know-how auszuspielen und klassische Aufgaben wie die Schadenabwicklung zu übernehmen. Doch die Branche sei zu sehr mit den eigenen Problemen wie den Auswirkungen der EU-Vermittler-Richtlinie beschäftigt gewesen, um aus der Schwäche der Versicherer Kapital zu schlagen, sagt Zilkens.
Die Prämieneinnahmen in der Transportversicherung stagnierten über Jahre. Das neu erwachte Interesse der Versicherer stamme nicht zuletzt aus der Bedeutung der deutschen Logistikindustrie, die sich zu einer der größten Branchen im Land entwickelt hat. „Daran auf Dauer nicht zu partizipieren wäre auch nicht richtig“, sagt Zilkens.
Der Wandel von reinen Transportunternehmen zu komplexen Logistikdienstleistern macht sich auch in den Anforderungen an die Makler bemerkbar, so Zilkens. Darauf habe sich Schunck mit einer Ausweitung seiner Aktivitäten eingestellt. So nimmt die Haftpflichtversicherung inzwischen einen größeren Raum ein. „Ein Logistiker macht ja heute vieles, was früher im produzierenden Unternehmen stattfand“, sagt Zilkens. Wer Waren nicht nur transportiert, sondern auch lagert, verpackt und bearbeitet, braucht einen anderen Versicherungsschutz.
Makler bieten dabei mehr Dienstleistungen an, von der Schadenabwicklung über Factoring bis zu internetgestützten Verwaltungssystemen für Kfz-Flotten. Je größer das Unternehmen auf Kundenseite, desto größer sei außerdem die Neigung zu Selbstbehaltsmodellen in der Versicherung. Dabei zahlen Kunden bei einem Schadenfall mehr und bekommen einen Preisnachlass bei der Prämie. Das erfordert eine ausführliche Analyse. „Man kann den Kunden ja auch ganz anders beraten, wenn man seine gesamte Risikosituation kennt“, sagt Zilkens. „Und wenn man gute Dienstleistungen erbringt, kann man das auch von der Prämie entkoppeln.“
Der Druck auf die Makler, möglichst viele Dienstleistungen anzubieten, wird immer größer. „Die hohe Erwartungshaltung der Kunden sollte eigentlich gerade die kleineren Makler vom Markt verdrängen, doch das ist bis jetzt nicht geschehen“, sagt Ulli Knödler, Sprecher des Maklerversicherers Wüba, der zur Versicherungsgruppe AIG gehört. Joachim Zegan, Spezialist im Bereich Transportversicherung beim Maklerbüro Gossler, Gobert & Wolters, hat dafür eine Erklärung: „Immer mehr kleine Makler haben sich Nischen geschaffen, und das ist ihre große Chance. Ihr Service ist besonders von persönlichem Kontakt geprägt. Das Spezialwissen um die Anforderungen der Kunden etwa bei bestimmten Transportgütern ermöglicht ihnen, den optimalen Transportversicherungsschutz auszuarbeiten.“ Knödler zufolge ist jedoch ein anderer Trend festzustellen: „Immer mehr kleine Makler arbeiten mit Assekuradeuren zusammen anstatt mit Versicherern.“ Auf diese Weise könnten sie ihre Unabhängigkeit und Neutralität bewahren. Ein Assekuradeur ist ein Zeichnungsbevollmächtigter, der im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung für ein oder mehrere Versicherungsunternehmen Policen zeichnet. Besonders in der Transportversicherung sind Assekuradeure verbreitet.
Immer wieder klagt die Branche über die Niedrigpreisphase des Marktes. Jedoch seien die Prämien im Bereich der Transportversicherung etwas höher, aufgrund der hohen Individualität der Verträge. In diesem Bereich betrugen die Bruttobeitragseinnahmen der Versicherer 2006 insgesamt 1,86 Mrd. Euro, wobei sich 15 Gesellschaften den Löwenanteil von 75 Prozent der Einnahmen teilten. Die klassischen Transportsparten wie Güter-, Kasko- und Verkehrshaftungsversicherung mussten ein Minus von 0,3 Prozent bei Einnahmen von 1,34 Mrd. Euro hinnehmen. Die Prämien in der Warenversicherung sanken um 1,1 Prozent. Aber im Bereich der Kaskoversicherung konnten die Anbieter für alle Sparten eine Zunahme verbuchen.
Zitat:
„Viele kleine Makler haben sich Nischen geschaffen; das ist ihre große Chance“ – Joachim Zegan, Makler –
Bild(er):
„Seht, da trägt der Bauer Mecke einen seiner Maltersäcke. Aber kaum dass er von hinnen, fängt das Korn schon an zu rinnen. Und verwundert steht und spricht er: Zapperment! Dat Ding werd lichter!“ – Ullstein-Bild/Fromm
Katrin Berkenkopf und Sabine Rabach
Quelle: Financial Times Deutschland
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