Warren Buffett spielt die Hauptrolle in einem Gerichtsverfahren, dasheute beginnt – obwohl der zweitreichste Mann der Welt gar nicht angeklagt ist
Herbert Fromme Es lief gut für Warren Buffett in den vergangenen Wochen. Am 25. Dezember gab er die Übernahme des erfolgreichen Mischkonzerns Marmon bekannt, drei Tage später den mutigen Einstieg in die Versicherung von Anleihen. Das Ansehen des 77-jährigen Investors in der Öffentlichkeit ist ohnehin kaum noch zu steigern, seit er bekannt gab, dass mehr als 30 Mrd. $ seines Vermögens an die Stiftung von Bill und Melinda Gates fließen.
Wenn es nach den Angeklagten in einem heute beginnenden Prozess in Hartford im US-Bundesstaat Connecticut geht, könnte Buffetts Ansehen in dem Verfahren aber empfindliche Schrammen bekommen. Vor Gericht stehen vier Ex-Manager der Buffett-Gesellschaft, General Reinsurance (Gen Re) sowie ein ranghoher Mitarbeiter des Versicherers American International Group (AIG). Es geht um ein dubioses Rückversicherungsgeschäft zwischen Gen Re und AIG in den Jahren 2000 und 2001. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Verschwörung, Wertpapierbetrug, Irreführung der Wertpapieraufsicht SEC und Postbetrug vor. Es drohen Gefängnisstrafen bis zu 230 Jahren.
Kein Wunder, dass der Hauptangeklagte und frühere Chef von Gen Re, Ronald Ferguson, und die anderen Beschuldigten nach Entlastungsmöglichkeiten suchen. Sie bestreiten alle Vorwürfe und wollen beweisen, dass Buffett von dem Deal wusste – was dieser bestreitet. Gelingt ihnen der Nachweis, wären die Staatsanwälte gezwungen, gegen das Nationalheiligtum Buffett zu ermitteln und Ferguson eine Art Befehlsnotstand zuzubilligen. Zwar haben sie selbst Buffett auf die Zeugenliste gesetzt, wollen ihn aber nur aussagen lassen, sofern die Angeklagten „unbegründete Anschuldigungen“ gegen ihn erheben.
Auch eine deutsche Firma spielt eine Rolle: Abgewickelt wurde das Geschäft über die Cologne Re Dublin, eine Tochter der Kölnischen Rückversicherung, die zur Gen Re gehört. Der umstrittene Deal kam zustande, nachdem der US-Versicherungsgigant AIG Ende Oktober 2000 einen Rückgang der Schadenreserven um 59 Mio. $ bekannt gegeben hatte. Das kam bei Analysten nicht gut an, die Aktie fiel drastisch. In der Folge schloss AIG mit Gen Re einen Rückversicherungsvertrag. In der ungewöhnlichen Transaktion trat AIG als Rückversicherer auf, Gen Re als Rückversicherungsnehmer. AIG buchte zweimal Reservestärkungen von je 250 Mio. $ – übernahm aber keine Risiken und erhielt auch keine echte Prämie. Im Gegenzug für das Scheingeschäft zahlte AIG einer Gen-Re-Tochter 15 Mio. $. Analysten lobten die Reservestärkung, die Aktie stieg. Erst 2005 flog die Sache auf, AIG-Chef Hank Greenberg musste gehen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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