Neues Geschäftsmodell soll kleinere Kunden bedienen · FTD-Interview mit Konzernchef Joseph Plumeri
VON Herbert Fromme, Frankfurt Der Versicherungsgroßmakler Willis will mit einem neuen Geschäftsmodell verstärkt Versicherungen für kleine Unternehmen verkaufen und einen Wachstumsschub erzielen. Daher gründet das Unternehmen Agenturen für die Vertretung mehrerer Versicherer, sogenannte Managing General Agents (MGA). „Wir wollen innerhalb von einem oder zwei Jahren auch in Deutschland einen MGA einrichten“, sagte Willis-Konzernchef Joseph Plumeri der Financial Times Deutschland.
Bedeckt hielt sich Plumeri zu Marktgerüchten, dass der drittgrößte Versicherungsmakler der Welt seinen angeschlagenen größeren Rivalen Marsh kaufen will. „Wir haben den Anlegern ambitionierte Ziele für die kommenden drei Jahre vorgelegt. Zurzeit basieren die auf organischem Wachstum“, sagte Plumeri. Dementieren wollte Plumeri mögliche Kaufabsichten aber nicht: „Das heißt natürlich nicht, dass wir uns Gelegenheiten nicht anschauen, wenn sie auftauchen. Ich habe immer gerne gewusst, was los ist und wer dort handelt.“
Willis steht deutlich besser da als Konkurrent Marsh, der mit seinem US-Geschäft immer noch schwer unter dem Skandal um Angebotsfälschungen leidet. Plumeri würde mit einer Übernahme sein öffentlich erklärtes Ziel, den größten Makler der Welt zu schaffen, erreichen. Der gelernte Banker wurde vor sieben Jahren von der Investmentgesellschaft KKR geholt, um den 1998 übernommenen Makler auf Vordermann zu bringen. 2001 brachte KKR Willis für 13,50 $ pro Aktie wieder an die Börse, heute ist das Papier 36,30 $ wert. KKR gehört nicht mehr zu den Eignern.
Der Vorstoß in den MGA-Bereich könnte gerade für die wachstumsschwache deutsche Tochter bedeutsam sein. Das von Plumeri 2005 ausgegebene Ziel, innerhalb von zwei Jahren den Umsatz zu verdoppeln, hat sie klar verfehlt. Willis veröffentlicht keine Zahlen pro Land, aber Marktschätzungen gehen von 90 Mio. Euro Umsatz der deutschen Tochter aus Provisionen und Honoraren aus, rund 10 Mio. Euro mehr als vor zwei Jahren. Einschließlich der Umsätze, die über Spezialabteilungen von Willis global gebucht werden, dürfte der Konzern hierzulande rund 110 Mio. Euro umsetzen. Damit liegt das Unternehmen auf Platz fünf nach Aon, Ecclesia, Funk und Marsh. „Ich bin nicht zufrieden damit, dass wir auf Platz fünf stehen“, sagte Plumeri. Wachstum sei in einer Niedrigpreisphase eben schwieriger. „Bei der Umsetzung unserer Möglichkeiten hätten wir besser sein können“, räumte er ein. Die deutsche Tochter habe aber den Gewinn deutlich gesteigert und sei auf einem gutem Weg.
Das MGA-Modell erschließt neue Kundenschichten. Während ein Makler wie Willis rechtlich gehalten ist, nur im Kundeninteresse zu agieren, tritt ein MGA wie eine Versicherungsagentur für eine oder mehrere Gesellschaften auf.
„Kleinere Kunden kann man nicht mit dem Modell versichern, das wir für Industriekunden anwenden“, sagte Plumeri. „Wenn man das per Hand macht, ist das viel zu teuer.“ Die Prozesse müssten stark automatisiert werden. Deshalb habe Willis in den USA das Unternehmen Insurance Noodle gekauft, das genau darauf spezialisiert ist. Das Modell soll jetzt global exportiert werden. „In Großbritannien haben wir bereits erfolgreich ein Netz von rund 80 kleineren Maklern aufgebaut. Für eine ausgewählte Gruppe von Versicherern vertreiben wir über sie Versicherungspolicen für kleine Firmen.“
Plumeri verteidigte die umstrittene Sonderprovision von 2,5 Prozent, die Willis in Großbritannien von Versicherern einfordert. “ Aon bekommt seit 2001 eine solche Provision, und Marsh verlangt sie weltweit“, sagte er. „Unser Ansatz unterscheidet sich. Wir sagen dem Kunden, da sind 2,5 Prozent im Markt zu holen und bieten sie ihm an. Wenn der sie nicht will, nehmen wir sie, wenn der Kunde nichts dagegen hat.“ Damit bleibe „vollständige Transparenz“ gewahrt.
Plumeri erwartet, dass die Preise noch weitere ein bis zwei Jahre sinken werden, wenn es nicht zu großen Naturkatastrophen kommt. „Es gibt unglaublich viel Versicherungskapazität, die sich Geschäft mit niedrigen Preisen sucht.“
Auch die Subprime-Krise könne in der Assekuranz Spuren hinterlassen. „Man muss sich die Zahlen der Versicherer für das vierte Quartal genau ansehen“, sagte er. Weil es für viele Finanzprodukte keinen Markt gebe, wüssten manche Versicherer nicht, was sie alles in den Büchern haben.
Bild(er):
Willis-Konzernchef Joseph Plumeri im neuen Frankfurter Büro des Versicherungsmaklers. Zu Gerüchten, er wolle den angeschlagenen Rivalen Marsh kaufen, schweigt er – Andreas Varnhorn
Quelle: Financial Times Deutschland
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