Mehr Schwarz-Rot-Gold am Heck

Der Streit um Sprachkenntnisse von Kapitänen und die Zahl von Schiffen unter deutscher Flagge könnte am Ende auch die Fonds negativ treffen

Wer als Kapitän eines Schiffes unter deutscher Flagge fahren will, muss Deutsch können. Das hat das Verkehrsministerium nach einem langen Streit zwischen Reedern und der Gewerkschaft Verdi entschieden. Nach dem politischen Machtwort wollen die Reeder beginnen, wie versprochen verstärkt Schiffe unter die deutsche Flagge zu bringen. Klappt das nicht, droht Gefahr für die Tonnagesteuer – und sie ist für den aktuellen Erfolg der Schiffsfonds unverzichtbar.

Dank der Sonderregelung müssen Schiffseigner und damit auch Anleger nur eine Minimalabgabe an den Fiskus leisten, unabhängig vom tatsächlichen wirtschaftlichen Erfolg der Schiffe aus dem laufenden Betrieb. Diese Regelung gibt es in vielen europäischen Ländern.

Will ein Schiff von der Tonnagesteuer profitieren, muss es zwar im deutschen Schiffsregister eingetragen sein, unter deutscher Flagge fahren muss es aber nicht. Eigentlich war das sogenannte Ausflaggen als Ausnahme gedacht, aber es ist längst zur Regel geworden. Denn auch wenn ein Großteil der Mehrkosten der deutschen Flagge gegenüber Liberia und anderen beliebten Schifffahrts-Domizilen durch Subventionen ausgeglichen wird, bleibt sie teurer. Und die Reeder müssen eine Mindestzahl deutscher und europäischer Offiziere einstellen.

Das Ausflaggen in Deutschland registrierter Schiffe muss spätestens alle zwei Jahre für jedes Schiff neu beim Ministerium beantragt werden. Die Anträge wurden bislang einfach durchgewunken. Das könne sich ändern, meint Karl-Heinz Biesold von der Gewerkschaft Verdi.

Es könne passieren, dass die Genehmigungen zum Ausflaggen nicht mehr erteilt werden und nur noch deutschflaggige Schiffe von der Tonnagesteuer profitieren können. „Das hängt wie ein Damoklesschwert über uns“, sagt ein Reeder. Eine Verschärfung hätte sicher auch Auswirkungen auf die Fonds, die diese Schiffe finanziert haben.

Auf der bislang letzten Nationalen Maritimen Konferenz im Dezember 2006 hat der Verband Deutscher Reeder (VDR) Bundeskanzlerin Angela Merkel versprochen, als Gegenleistung für wirtschaftlich günstige Rahmenbedingungen, also vor allem die Tonnagesteuer, die Zahl der Schiffe unter deutscher Flagge von 400 auf 500 zu steigern. Der Regierung geht es dabei vor allem ums Prestige. Doch passiert ist bislang nichts. Daran ist ein bizarrer Streit schuld, den die Gewerkschaft jetzt für sich entschieden hat.

Kapitäne und Offiziere sind weltweit knapp. Auf deutschflaggigen Schiffen dürfen ohnehin EU-Kapitäne fahren. Verdi verlangte, dass diese wenigstens Grundkenntnisse in Deutsch haben. Die Reeder fanden das unsinnig – viele der Schiffe laufen nie einen deutschen Hafen an und die Sprache der internationalen Schifffahrt ist Englisch.

Der Gewerkschaft geht es ums Prinzip. Denn der Kapitänsmangel ist zum Teil hausgemacht, weil viele Reedereien die Ausbildung jahrelang vernachlässigt haben. Dafür sollen sie jetzt nicht noch belohnt werden, indem sie beliebig ausländische Fachkräfte einstellen können. „Alle drei beteiligten Gruppen haben sich auf eine pragmatische und schnell umsetzbare Vorgehensweise verständigt“, verkündet Sven Ulbrich, Sprecher des Bundesverkehrsministeriums. Und die lautet: Kapitäne müssen einen Rechtskurs in Deutsch absolvieren. Ohne Sprachkenntnisse ist das nicht zu schaffen. „Wir erwarten nun von den Reedern, dass eine neue Initiative zur Rückflaggung gestartet wird“, so der Sprecher. Die Vorbereitungen sind angelaufen. Der VDR hat seine Mitgliedsunternehmen bereits angeschrieben und um Informationen gebeten, wie viele Schiffe zurückgeflaggt werden. „Es ist erforderlich, dass der Verband gegenüber Politik und Öffentlichkeit zuverlässige Aussagen auch über den Verlauf der Aktion treffen kann“, heißt es in dem Brief.

Auf weitere Konfrontation haben es die Beteiligten also nicht angelegt. Unstimmigkeiten könnte es allenfalls noch darüber geben, in welchem Umfang Englisch benutzt werden darf, wenn Teilnehmer die Tücken der deutschen Gesetzgebung partout nicht verstehen. „Im Verwaltungsvollzug werden die praktischen Bedürfnisse der Kursteilnehmer am Rechtskurs in Deutsch intensiver berücksichtigt“, so der Ministeriumssprecher. Der Lehrgang soll also für jeden verständlich sein.

Mit der Tonnagesteuer haben Regierung und Verdi ein wichtiges Faustpfand in der Hand. Eigentlich wolle niemand das günstige Umfeld für die Schifffahrt gefährden, meint Biesold. „Verdi unterstützt die Tonnagesteuer.“ Den Reedern bleiben jetzt nur wenige Monate, um ihr Vorhaben umzusetzen. Bei der nächsten Maritimen Konferenz, die voraussichtlich im Dezember stattfindet, wird das Ministerium Bilanz ziehen und entscheiden.

Zitat:

“ „Verdi unterstützt die Tonnagesteuer“ “ – Karl-Heinz Biesold, Verdi –

Katrin Berkenkopf

Quelle: Financial Times Deutschland

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