IT-Modellprojekt Apollo droht zu scheitern · Gesellschaften in Münster und Stuttgart schieben sich gegenseitig die Schuld zu
VON Herbert Fromme, Köln Ein groß angelegtes IT-Gemeinschaftsprojekt zwischen der Provinzial Nordwest in Münster und der SV Sparkassenversicherung Stuttgart sorgt für heftige Turbulenzen bei den beteiligten Gesellschaften und im Sparkassenlager. Insider wollen ein Scheitern nicht mehr ausschließen. Sicher ist schon jetzt, dass die budgetierten Kosten bei Weitem überschritten werden. Beide Gesellschaften wollten nicht Stellung nehmen.
Federführend bei dem Projekt ist die SV Versicherung in Stuttgart. „Die bisher erarbeiteten Systeme, die in Stuttgart schon im Einsatz sind, haben unakzeptabel hohe Fehlerquoten“, monierte ein Insider. Die Münsteraner Gruppe hatte Kosten von 132 Mio. Euro einkalkuliert und muss jetzt fürchten, dass es doppelt so teuer wird.
Direkt betroffen sind Heinrich Haasis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), und Rolf Gerlach, Präsident des Sparkassenverbands Westfalen. Gerlach und Haasis hatten das Projekt Apollo vor drei Jahren aus der Taufe gehoben, Haasis damals noch in seiner Rolle als Sparkassenpräsident in Stuttgart. Sollte es scheitern, würde das Ansehen der beiden Sparkassenvormänner erheblich leiden. Kritik an dem Projekt nehmen sie deshalb offenbar übel: So musste der Münsteraner IT-Vorstand Hans-Peter Kosmider vor einem Jahr seinen Hut nehmen, weil er seine Unzufriedenheit mit Apollo nicht für sich behielt.
Mit 3,0 Mrd. Euro beziehungsweise 2,7 Mrd. Euro Prämieneinnahmen sind die Provinzial Nordwest und SV Versicherung die Nummer zwei und drei unter den öffentlich-rechtlichen Versicherern, die zum Sparkassenlager gehören. Sie arbeiten jeweils regional. Im DSGV gibt es eine heftige Diskussion über die künftige Struktur der Versicherer, die in den vergangenen Jahren bereits eine Reihe von Großfusionen erlebt haben.
Haasis und Gerlach sorgten dafür, dass die Versicherer in ihrem Einflussbereich zwei gemeinsame Großprojekte starteten – mit der klaren Absicht, sie zu Blaupausen für andere Gesellschaften des Sektors zu machen. Der gemeinsame Asset-Manager Vers AM in Münster funktioniert vergleichsweise gut und verwaltet 35 Mrd. Euro. Beim Schwesterprojekt, der Entwicklung einer gemeinsamen IT, hakt es gewaltig. Die Idee: Mithilfe von Standardanwendungen sollte ein leicht anpassbares Softwarepaket geschaffen werden. „Das ist vorne und hinten schlecht zusammengebaut“, sagte ein Kenner der Sparkassenlandschaft. „Ohne Fusion der betroffenen Versicherer kann man keine gute IT-Lösung schaffen“, so sein Fazit.
Manche Manager in Münster sehen das anders. Für sie trägt der Stuttgarter Chef Ulrich-Bernd Wolff von der Sahl ein gerüttelt Maß Verantwortung. Er habe zu lange an einer Vers-IT-Führung festgehalten, die die Probleme offenbar nicht in den Griff bekommen und stattdessen „herumgemurkst“ habe.
In Stuttgart dagegen heißt es hinter vorgehaltener Hand, Münster unter seinem Chef Heiko Winkler mäkele herum und wolle das Projekt eigentlich gar nicht.
Quelle: Financial Times Deutschland
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