Allianz sieht Zukunft in Sorglospaketen

Große Konkurrenz mit Energiekonzernen im Bereich Dienstleistungen erwartet · FTD-Interview

Von Herbert Fromme, München Die Versicherer werden in wenigen Jahren mit Telekommunikationsfirmen und Energieversorgern um die Kunden für Assistance-Dienstleistungen konkurrieren. „Der Antrieb für einen Stromlieferanten oder eine Versicherung, in dieses Feld zu gehen, ist ein schlichter Marketinggedanke“, sagte Karl-Walter Gutberlet, Vorstandsmitglied der Allianz Versicherung, in einem Interview der FTD. „Der heißt ganz einfach: Wie kann ich mich bei einem weitgehend ähnlichen Commodity-Produkt von anderen Lieferanten unterscheiden.“

In Frankreich bietet der Energiekonzern EDF bereits Handwerkerdienstleistungen als Teil der Energieversorgung an. In Deutschland sind Assistance-Dienste in der Autoversicherung weitverbreitet, bei Gebäude- und Haushaltspolicen seltener.

Gutberlet glaubt, dass sich das ändert. „In zehn Jahren werden weite Teile des Publikums viele Dienstleistungen nicht mehr direkt beim Dienstleister kaufen, sondern über Zwischenhändler.“ Das gelte nicht für Dienste, die man regelmäßig in Anspruch nehme, dort wisse man, ob ein Lieferant oder Handwerker gut oder schlecht ist. „Aber bei allem, was ich selten mache, ist das ein sehr mühseliges Geschäft“, sagte er. „Da wird dann herumgefragt, kennst du einen guten Anwalt, wer repariert die Fenster, wer kommt pünktlich, ist sauber und rechnet richtig ab?“ Hier kommen künftig Dienstleister ins Spiel, die für die entsprechende Qualität von Anbietern geradestehen.

Die Allianz verkauft deshalb seit 2004 spezielle Assistance-Angebote. Bisher ist der Erfolg überschaubar. Vom Haus- und Wohnungsschutzbrief hatte die Gruppe in Deutschland Ende 2007 138 000 Stück abgesetzt, davon 106 000 separate Schutzbriefe. Die übrigen 32 000 sind Baustein einer Hausratversicherung, die Kombination bietet die Gruppe seit Anfang 2007 an.

Assistance-Tarife, die Pflege-, Einkaufs- und Haushaltshilfen nach Unfällen bieten, sind bei älteren Kunden populärer. Von ihrem seit Mitte 2004 verkauften Unfall-60-Tarif hat die Allianz einen Bestand von 320 000 Verträgen aufgebaut, vom altersungebundenen Unfall Aktiv in 18 Monaten aber nur 27 000.

Eine Vorreiterrolle in der Verbindung von Schadenregulierung, Schadenbearbeitung und Assistance spiele die Rechtsschutzversicherung, sagte Gutberlet. In Deutschland dürfen Rechtsschutzversicherer selbst keine Rechtsberatung leisten – viele Versicherer haben das immer wieder gefordert, sind aber an der Anwaltslobby gescheitert. „Ich habe das nie verstanden. Warum sollen wir das selbst machen?“, sagte Gutberlet. „Da gibt es ein Heer von Anwälten, die auf das Geschäft warten.“ Deshalb nutze die Allianz unabhängige Rechtsanwälte. „Wir können den Kunden immer sagen, dass es sich um einen zugelassenen Anwalt handelt. „

Die Allianz hat in den vergangenen zwei Jahren rund 500 000 Anrufe von Rechtsschutzkunden beim Servicetelefon gezählt. „Davon wurden 200 000 zur telefonischen Erstberatung an einen Rechtsanwalt weitergeleitet“, sagte Gutberlet. Hier arbeitet der Versicherer mit vier Kanzleien, die zusammen mehr als 60 Anwälte damit betraut haben.

„In vielen Fällen kann der Anwalt fallabschließend beraten“, sagte Gutberlet. „Etwa so, dass nach geltendem Recht die Hecke zwei Meter hoch sein darf, oder was man arbeitsrechtlich beachten muss, wenn es im Betrieb kriselt.“ Benötigt der Kunde darüber hinaus anwaltliche Hilfe, empfiehlt die Gesellschaft eine von 500 Kanzleien, mit denen sie Vereinbarungen hat – der Kunde kann aber auch einen anderen Juristen beauftragen.

Zitat:

„Warum sollen wir das selbst machen?“ – Karl-Walter Gutberlet, Allianz Versicherung –

Bild(er):

Karl-Walter Gutberlet, 53, ist Vorstand der Allianz Versicherung. Er setzt auf Assistance-Dienste zur Abgrenzung von anderen Anbietern – FTD/Robert Brembeck

Quelle: Financial Times Deutschland

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