Globale Rück will Kunden abfinden

Frühere Gerling-Tochter nutzt englisches Recht für Schlussstrich · Kunden danach ohne Schutz

Von Herbert Fromme, Köln D er Rückversicherer Globale Rück (früher Gerling Globale) strebt eine Abwicklung nach englischem Recht an. Das Unternehmen hat einen Teil seiner Kunden angeschrieben, um sie zur Zustimmung zu einem solchen Vorgehen zu bewegen. Mit einem sogenannten Scheme of Arrangement will das deutsche Unternehmen seine Verpflichtungen gegenüber Versicherungsunternehmen auf einen Schlag deutlich reduzieren.

Ist Globale Rück erfolgreich, könnte das Verfahren zum Vorbild für andere Rückversicherer werden, die einen Schlussstrich unter bestimmte Geschäftszweige ziehen wollen. Gerling Globale Rück war bis 2002 der sechstgrößte Rückversicherer der Welt. Wegen der schweren Krise des Gerling-Konzerns hatte er Ende 2002 beschlossen, das Neugeschäft einzustellen und Verträge abzuwickeln.

Diese Abwicklung kann bis zu 30 Jahren dauern: So lange können etwa Opfer von Geburtsschäden Ansprüche gegen Ärzte oder andere Parteien stellen, die versichert und rückversichert sind. Solche Risiken will Globale Rück gern abgeben – gegen Zahlung eines Teils der bei ihr stehenden Schadenreserven an die Kunden, die Erstversicherer. Letztere stehen danach ohne Rückversicherungsschutz für die betroffenen Risiken da.

Bisher verhandelte Globale-Chef Achim Kann mit ihnen einzeln. Über das Scheme of Arrangement will er jetzt eine ganze Kundengruppe auf einen Schlag loswerden. Das sind alle, die mit der britischen Tochter vor 1992 Verträge geschlossen haben, sowie Kunden mit Luftfahrtdeckungen.

Voraussetzung für ein solches Vorgehen sind die Genehmigung durch ein englisches Gericht sowie die Zustimmung der Mehrheit der betroffenen Kunden, auf die mindestens 75 Prozent der betroffenen Schadenrückstellungen entfallen. Dann können die Kunden noch sechs Monate Schäden melden, bevor alle Ansprüche erlöschen. Da das Unternehmen kein Neugeschäft zeichnet, muss es kaum auf Kundeninteressen Rücksicht nehmen.

Ist Globale Rück mit dem Scheme of Arrangement erfolgreich, kann das weitreichende Folgen haben. Denn viele Rückversicherer haben Bestände, die sie lieber liquidieren würden, statt sie noch jahrzehntelang zu verwalten. Nach neuem EU-Recht können solche Bestände vergleichsweise einfach an eine britische Tochter transferiert werden. Die Deutsche Rück, die zum Sparkassenlager gehört, hat gerade einen Bestand von Haftpflichtverträgen nach London übertragen.

Den Gerling-Konzern selbst gibt es nicht mehr, Mehrheitseigner Rolf Gerling hat ihn an den HDI-Konzern in Hannover verkauft. Die weiterbetriebene Lebens-Rückversicherung ging an Scor, das in Abwicklung befindliche Kerngeschäft der Rück 2003 an den Manager Kann, der lange die Frankona Rück geleitet hatte. Für den Kauf, der wegen Einsprüchen der New Yorker Versicherungsaufsicht erst Ende 2007 vollzogen wurde, lieh ihm Gerling selbst 320 Mio. Euro.

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Braucht nur wenig Rücksicht zu nehmen, weil er kein Neugeschäft mehr anstrebt: Globale-Rück-Chef Achim Kann – Henning Kaiser

Quelle: Financial Times Deutschland

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