Tiefes Grollen aus New York

Herbert Fromme Überlebt Konzernchef Martin Sullivan die Turbulenzen beim US-Versicherer American International Group? Die Aktie wird mit weniger als 38 $ gehandelt, dem niedrigsten Preis seit November 1998. Im Juni 2007 war das Papier mit 72,50 $ fast doppelt so teuer. Da stellt sich vielen die Frage, ob nicht ein neuer Mann nötig ist, um den Verfall zu stoppen.

Die Märkte bestrafen die New Yorker Gesellschaft für ihr überdurchschnittliches Engagement in Subprime-Risiken, das zu Milliardenverlusten führte. AIG hatte zwar Ende 2005 das Neugeschäft in diesem Feld eingestellt, aber das hilft Sullivan, der seit April 2005 auf dem Chefsessel sitzt, wenig. Immerhin hat er es geschafft, innerhalb von zehn Tagen 20 Mrd. $ frisches Geld in Aktien und Anleihen einzusammeln, ohne auf den ohnehin nach unten geprügelten Aktienkurs hohe Abschläge gewähren zu müssen.

Welche Alternative haben AIG-Board und Anleger? Die besteht nicht einfach in einem neuen Gesicht. Um wieder Begeisterung und Zukunftsfantasie bei Anlegern auszulösen, müsste AIG einen radikalen Umbruch vornehmen – Randaktivitäten verkaufen oder separat an die Börse bringen, möglicherweise sogar die Schaden- und Unfallversicherung von der Lebensversicherung trennen. Ein solcher Schnitt ginge kaum mit Sullivan, dafür müsste ein bekannter Zerlegungs- und Umbauspezialist gewonnen werden.

Noch geht AIG diesen Weg nicht. Offenbar ist die gesamte Führung – und nicht nur Sullivan – davon überzeugt, dass die jetzige Aufstellung richtig ist. Das muss aber nicht so bleiben. Blutet die Aktie weiter aus, muss Chairman Robert Willumstad handeln. Der dann fällige Generalumbau eines der größten Versicherers der Welt dürfte auch für die Konkurrenz in Gestalt von Allianz, Axa, Generali oder Münchener Rück Konsequenzen haben. Hier steht nicht nur die Zukunft eines bekannten Versicherungsmanagers auf dem Prüfstand, sondern nichts weniger als das vorherrschende Geschäftsmodell der Assekuranz.

E-Mail fromme.herbert@ftd.de

Herbert Fromme ist Versicherungskorrespondent der FTD.

Quelle: Financial Times Deutschland

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